Die Rolle von Grenzen in einer transnationalen Geschichte. Ostmitteleuropa im weltweiten Vergleich

Die Rolle von Grenzen in einer transnationalen Geschichte. Ostmitteleuropa im weltweiten Vergleich

Organizer
Workshop des Geisteswissenschaftlichen Zentrums für Kultur und Geschichte Ostmitteleuropas (GWZO) und des Zentrums für Höhere Studien (ZHS) der Universität Leipzig, des European Network in Universal and Global History (ENIUGH) und des Graduiertenkollegs „Bruchzonen der Globalisierung“ am ZHS
Venue
GWZO, Konferenzraum, 1. Etage
Location
Leipzig
Country
Germany
From - Until
19.04.2007 -
Website
By
Franke, Steffi

Lohnt es, europäische und insbesondere ostmitteleuropäische Grenzregionen in globalhistorischer Perspektive zu betrachten? Globale Vergleiche und transnationale Herangehensweisen sind in Bezug auf Grenzregimes Einzelfälle 1, häufiger findet man eine solche Betrachtungsweise im Feld der Migrations- und Diasporaforschung, in der allerdings auch die Bedeutung von Grenzen untersucht wird. Der Workshop stellt sich zum Ziel aus den Forschungen zu (post)imperialen, (post)kolonialen und (post)sozialistischen Grenzen in verschiedenen Weltregionen gemeinsame Problembeschreibungen und konzeptionelle Antworten zu entwickeln und damit die Angebote „innereuropäischer“ Vergleiche aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Dies ist zugegeben ein Experiment, als dessen Ergebnis wir uns neue Kriterien für den Vergleich, aber auch eine vertiefte Kenntnis des Einzelfalls in einer bisher eher ungewohnten Perspektive erwarten. Ausgangspunkt für diese Bemühung ist die Verankerung eines Projektes zur Entwicklung ostmitteleuropäischer Grenzregimes in den Arbeiten des Leipziger Forschungsschwerpunktes zur Globalgeschichte.

Die Geschichte der Grenzen in der ostmitteleuropäischen Region ist stark imperial geprägt. Dies gilt nicht nur für die Geschichte des Habsburger, des Deutschen und des Zaren- sowie des Osmanischen Reiches, sondern – mutatis mutandis – auch für die Rolle der Sowjetunion im 20. Jahrhundert, deren Auflösung nach 1989 auch die Neuverhandlung von bislang dominierenden Territorialisierungsmuster nach sich zog. In der Folge entwickelten sich in dieser Region historisch Grenzregime, die sich nicht kohärent mit einem nationalstaatlichen Territorialisierungsmuster beschreiben lassen. Sie fungierten vielmehr historisch wie aktuell gleichermaßen als Sicherheitszonen und als Übergangsbereiche, in denen sich das Verhältnis zwischen Innen und Außen je nach den politischen und kulturellen Arenen und den jeweiligen Akteurskonstellationen differenziert. Dies lässt sich beispielsweise an der Geschichte der Sicherheitsregime an diesen Grenzen, der Geschichte der Migration und des Schmuggels oder der Geschichte des kulturellen und sozialen Transfers in diesen Grenzregionen nachvollziehen. Es bietet sich an, diese Konstellation mit anderen postimperialen und postkolonialen zu vergleichen.

Vor diesem Hintergrund sind Wissenschaftler mit unterschiedlicher regionaler Kompetenz zu diesem Workshop eingeladen, um gemeinsam der Frage nachgehen, welche Besonderheiten die Schaffung und Gestaltung von Grenzen und Grenzregimen in (post)imperialen, (post)kolonialen und (post)sozialistischen Situationen aufweisen und wie die Verunsicherung und Hybridisierung der Territorialisierungsmuster in den jeweiligen historischen Konstellationen von Akteuren bewältigt wird und plausibel beschrieben werden kann. Solchermaßen kann einerseits die ostmitteleuropäischen Region in einen globalen Zusammenhang eingeordnet werden, andererseits werden auf diese Weise die aktuellen Entwicklungen an der Außengrenze der EU historisierbar.

Anmerkung:
1 Zu den Ausnahmen zählen u.a. Mignolo, Walter D., Local histories/ global designs. Coloniality, subaltern knowledges, and border thinking, Princeton 2000; Becker, Joachim; Komlosy, Andrea, Grenzen weltweit. Zonen, Linien, Mauern im historischen Vergleich. Wien 2004.

Programm

I. Europa und Asien (9.00 - 12.15 Uhr)
Europäische Grenzsicherheitspolitik im Zuge der europäischen Integration (Monika Eigmüller, Leipzig)

Russland als eurasisches Imperium: Grenzregime und Grenzgesellschaft von der Neuzeit bis zum 20. Jahrhundert (Eva-Maria Stolberg, Bonn)

10.30 - 10.45 Uhr: Kaffeepause

China und seine Grenzen seit dem 18. Jahrhundert (Sabine Dabringhaus, Freiburg)

Die Halbinsel Krim als Grenze zwischen Europa und Asien. Zum „Orient“-Topos im russischen und europäischen Krim-Diskurs vor dem Ersten Weltkrieg (Kerstin S. Jobst, Stadtbergen/ Salzburg)

Kommentar: Steffi Franke (Leipzig)

12.15 - 13.15 Uhr: Mittagspause

II. Ostmitteleuropa (13.15 - 15.15 Uhr)
Grenzen, Geleit und diplomatische Mobilität im frühneuzeitlichen Ostmitteleuropa (Megan Williams, New York)

Zur Funktion der Ost- und Südosteuropäischen Grenzregionen der Habsburgermonarchie im 18. und 19. Jahrhundert. Die Fallbeispiele Galizien, Bukowina und Bosnien-Herzegowina (Hans-Christian Maner, Mainz)

Der Verlust der regionalen Mitte. Strukturwandel und anationale Akteursgruppen in national umstrittenen, ökonomisch bedeutsamen Grenzregionen am Beispiel von Teschen und Triest, 1890 bis 1955 (Robert Luft, München)

Kommentar: Frank Hadler (Leipzig)

15.15 - 15.45 Uhr: Kaffeepause

III. Afrika, Lateinamerika (15.45 - 17.30Uhr)
Raum, Grenze und Souveränität. Südafrika 1779 bis 2006 (Ulf Engel, Leipzig)

Lateinamerikanische Grenzregime: Mexikos Norden und Argentiniens Süden im Vergleich (Jochen Meißner)

Kommentar: Matthias Middell (Leipzig)

17.30 - 18.00 Uhr: Abschlussdiskussion, Moderation Steffi Franke (Leipzig)

Contact (announcement)

Steffi Franke, Geisteswissenschaftliche Zentrum für Kultur und Geschichte Ostmitteleuropas (GWZO)
Email: sfranke@uni-leipzig.de


Editors Information
Published on
23.03.2007
Contributor
Classification
Temporal Classification
Regional Classification
Subject - Topic
Additional Informations
Country Event
Language(s) of event
German
Language of announcement