Zeitschrift für Weltgeschichte 19 (2018), 1

Title 
Zeitschrift für Weltgeschichte 19 (2018), 1
Other title information 

Published on
München 2018: Martin Meidenbauer
Frequency 
zweimal jährlich
ISBN
1615-2581
Extent
200 S.
Price
Jahrespreis € 49,90 ; Einzelpreis € 29,90

 

Kontakt

Organization name
Zeitschrift für Weltgeschichte
Country
Germany
c/o
Prof. Dr. Hans-Heinrich Nolte Bullerbachstr.12 D-30890 Barsinghausen Tel +49 5105 64 332
By
Bertram, Michael

Editorial

Fast zwanzig Jahre lang habe ich als Herausgeber und später als Geschäftsführender Herausgeber das Projekt einer deutschsprachigen Zeitschrift für Weltgeschichte (ZWG) betreuen dürfen. Ich freue mich sehr, dass ich mit dem Eintritt in mein achtzigstes Lebensjahr diese Arbeit in jüngere Hände legen kann. Von Heft 19.2 an wird Prof. Dr. Jürgen G. Nagel, Fernuniversität Hagen, die Geschäftsführung der Herausgeber übernehmen.

Mein Dank dafür, dass es gelungen ist, das Projekt zu einer festen Institution zu machen, gilt an erster Stelle der Redaktion. Sie wurde anfangs von Dr. Udo Obal und wird seit 2012 von Dr. Jens Binner geleitet. Die Redakteure waren bzw. sind Dr. Michael Bertram, PD Dr. Eva-Maria Stolberg, PD Dr. Darius Adamczyk und Dr. Christian Lekon Ohne ihre engagierte Kontrolle der vorgelegten Texte und ihre Rückfragen an die Autoren hätten wir den angestrebten wissenschaftlichen Standard nicht erreichen können. Weiter geht mein Dank an die Mitherausgeber, besonders jene, welche es übernommen haben, Schwerpunkte herauszugeben – Bernd Bonwetsch, der viel zu früh verstorben ist. Jens Binner, Christian Cwik, Ghita Dharampal-Frick, Claus und Katja Füllberg-Stolberg, Carl-Hans Hauptmeyer, Andrea Komlosy, Klaus Kremb, Christian Lekon, Ralf Roth, Dominic Sachsenmayer, Ulrike Schmieder, Asli Vatansever und Michael Zeuske. Nur durch ihre akademische Arbeit wurde es möglich, ein breites, nationale, Historiographien übergreifendes Programm in den Heften der ZWG zu realisieren. Nicht zuletzt gilt mein Dank den Abonnenten, die der ZWG die Treue gehalten haben, und dem Verlag der geduldig auf mehr Abonnenten hofft. Internationaler Austausch verbindet die ZWG mit den Jahrbüchern für Geschichte Osteuropas (Regensburg), dem Journal of Global History (London), der Novaja i Novejshaja Istorija (Moskau) und der politischen Zeitschrift Welttrends (Potsdam). Ohne den Verein für Geschichte des Weltsystems, der regelmäßige Kosten von Redaktion und Herausgeber Kreis übernimmt, gebe es die ZWG nicht.

Mein Nachfolger im Amt wurde am 13. Mai 2017 nach meinem Rücktritt aus Altersgründen einstimmig vom Kreis der Herausgeber gewählt. Ich weiß, dass er die ZWG in akademischer Qualität weiterführen wird und wünsche ihm bei der Wahl der Themen für Schwerpunkte und beim Angebot von Beiträgen durch spannende Autoren. Professor Doktor Jürgen G Nagel hat in Trier studiert, war Projekt Mitarbeiter im DFG Sonderforschungsbereich „zwischen Rhein und Maas“, seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am historischen Institut der Fernuniversität Hagen und wurde dort 2015 zum Universitätsprofessor und Leiter des Lehrgebiets“ Geschichte Europas in der Welt“ ernannt. Seine Magisterarbeit betrifft die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie, seine Dissertation erkundet die Handelsstrukturen des Malaischen Archipels im 17. und 18. Jahrhundert am Beispiel der Hafenstadt Makassar, seine Habilitation stellt die Forschungsorganisation und Forschungspraxis im deutschen Kolonialreich in ein neues Licht. Einem größeren Publikum bekannt ist seine Übersicht zur Geschichte der Ostindienkompagnien, die bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft in Darmstadt erschien und inzwischen in zweiter Auflage vorliegt. Aus seinen vielen Buchbeiträgen und Zeitschriftenaufsätzen sei der zusammen mit Reinhard Wendt verfasste Beitrag über Südostasien und Ozeanien in der von Jürgen Osterhammel und anderen herausgegebenen Weltgeschichte oder genauer dem von Wolfgang Reinhard herausgegebenen Bd. 3 dieses Sammelwerks benannt. In Zusammenarbeit mit dem Verein für Geschichte des Weltsystems hat er im November 2016 ein spannendes Colloquium über „Imperiales Bauen“ in Hagen organisiert, das architektur- und kulturgeschichtliche Perspektiven vom späten Römischen Reich bis zum Nationalsozialismus eröffnete.

Das vorliegende Heft der ZWG ist thematisch tatsächlich global und reicht chronologisch von Vorgeschichte und Antike bis zur Gegenwart, geografisch von Eurasiafrika bis Amerika und historiographisch von der Periodisierungsdiskussion bis zur Geschichtsschreibung der Internationalen Beziehungen der Neuzeit. Es bietet einen russischen Vorschlag für eine neue Gliederung der Weltgeschichte, eine Skizze über die Kenntnisse der mediterranen Antike von Afrika südlich der Sahara, historiographische Kritik der „Englischen Schule und einen Einstieg in die aktuelle Debatte über die „automatische Fabrik“; außerdem eine Übersicht zu Publikationen über Eurasien und Rezensionen. Abschließend wird das Verhältnis zwischen Journalismus und Geschichtsschreibung diskutiert.

Leonid Grinin und Andrej Korotaev schlagen in ihrem Beitrag vor, von einem „afroeurasichem Weltsystem“ zu sprechen, das vor mehr als 5000 Jahren entstanden ist. Sie gehen davon aus, dass ein Prozess der „zwischengesellschaftlichen Interaktion“ innerhalb der drei Kontinente Afrika, Asien und Europa in der Steinzeit begann. Durch dieses System transkontinentalen Handelns sei auch vor der Einbeziehung der Amerikas 90 % der Weltbevölkerung miteinander verbunden gewesen. Die beiden russischen Wissenschaftler plädieren für eine neue Periodisierung, mit der sie – je nach dem Typ der räumlichen Verbindung – sieben Abschnitte bestimmen, für die sie Handel, Technologie und politische Organisation in Verbindung setzen. Die Autoren stellen zu Termin und Struktur dieses vormodernen Weltsystems die globale Rolle Westasiens heraus und sehen den Höhepunkt des Systems vom 7. bis zum 14. Jahrhundert. Die Arbeit beruht vor allem auf amerikanischer und in geringerem Ausmaß auf russischer Literatur zu Weltsystemen und bietet eine sehr eigenständige sowie kreative Position. Der Entwurf für eine neue Weltgeschichte ist spannend zu lesen und die Autoren scheuen sich auch nicht, aktuelle Fragen in „ihrem“ Kontext zu stellen, etwa die von dem Ende von Souveränität im 21. Jahrhundert.

Raimund Schulz untersucht die Kenntnisse der mediterranen Welt über das transsaharische Afrika im 5. und 6. Jahrhundert vor Christi. Der Hanno-Periplus und Herodot berichten, dass karthagische Schiffe bis zum Senegal-Fluss kamen und Küstenbewohner des heutigen Libyen Expeditionen bis zum Tschadsee durchführten. Schulz zeigt, dass die eisenzeitlichen Kulturen des Sudan mit den Mittelmeerländern verbunden waren – und die aus dem Senegal und oberen Nigerlauf abgeleitete Vorstellungen eines zweiten Nil, der vom Osten nach Westen fließt, blieb bis in die Neuzeit erhalten. Abweichend von dem für die ZWG üblichen Verfahren bietet der Text eine systematische Bib-liographie, auf welche die Anmerkungen bezogen sind.

Harald Kleinschmidt führt seine schon in früheren Beiträgen begonnene Kritik an der Geschichtsschreibung des Völkerrechts fort. Er skizziert die Positionen des „British Committee on the Theory of International Politics” deren Positionen und Definitionen über das Lehrprogramm der „London School of Economics“ große Verbreitung erfuhren. Die Denkschule unterscheidet zwischen dem als anarchisch gesehenen „Internationalen System“ und der „Internationalen Gesellschaft“, die sich auf Regeln des Umgangs miteinander geeinigt hat. Die Schule plädierte so für die Verbreitung eines Internationalen Rechts, das von der „europäischen Völkerfamilie“ gesetzt und entsprechend nicht-europäischen Fassungen von Völkerrecht aufgezwungen worden war und wandte sich (mit einigen vom Autor herausgestellten Aussetzern) gegen die Gültigkeit des Naturrechts. Kleinschmidt kritisiert sowohl die Naturrechtsrezeption un dieser Denkschule als auch die neuen Konstrukte, besonders an den Schriften von Hedley Bull, und stellt das koloniale Erbe in der Theorie der „Englischen Schule“ heraus.

Ralf Roth schreibt, dass der Prozess der Durchdringung der Arbeitswelt mit computerbasierten Automatisierungsprozessen sich bisher in drei großen Wellen vollzog und bis heute nicht abgeschlossen ist. Die drei Wellen unterschieden sich beträchtlich voneinander, wenn sie auch gleichermaßen von der Computerisierung immer neuer Geschäfts- und Arbeitsprozesse gekennzeichnet waren bzw. sind. Zu unterscheiden ist von den 1950ern bis tief in die 1970er Jahre die Zeit der Großcomputer (Mainframes) vor allem in Großunternehmen. Aus vielen Gründen kann hierbei nur von einer beschränkten Nutzung gesprochen werden. Danach folgt die Etappe der Mikroprozessoren und der Personalcomputer, die die Auseinandersetzungen in den 1980er und 1990er Jahren prägten. Die rasante Zunahme der Computer in der Welt auf Mitte der 1990er über 200 Millionen Com-puter erlaubte eine viel intensivere Durchdringung der Arbeitswelt auf allen Ebenen. Sie deckten eine ungleich größere Zahl von Arbeits- und Geschäftsprozessen ab oder waren darin involviert. Die Vernetzung dieser Computer bildet die Grundlage für eine weitere Etappe der Digitalisierung und letztlich auch für die gegenwärtige Auseinandersetzung um eine neue Etappe der Industriali-sierung (Fabrik 4.0). Den Anfang der Computernetze bildeten die kommerzielle Nutzung von militä-rischen Computer- und Wissenschaftsnetzen in den 1990er Jahren. Mittlerweile setzen sich allein die zugänglichen Teile des World Wide Web aus mehr als drei Milliarden Computernutzern zusammen. Diese Netze erlauben eine neue Stufe der Flexibilität der Produktion. Wie genau die weitere Entwicklung verlaufen wird, ist trotz der eigentlich vorhandenen Erfahrung mit der fast 70jährigen Digitalisierung noch weitgehend unklar.

Mein Review führt in die Debatte über die Kontinente und vor allem die neuen Publikationen über Eurasien ein. Die Diskussion wird durch das von China vorangetriebene Projekt der „neuen Seidenstraße“ motiviert, besitzt aber eine eigene intellektuelle Dynamik, vielleicht auch für die amerikanische Welt, welche die „seaborne Empires“, die britischen Inseln und die transozeanischen englisch- und romanisch-sprachigen Staatsgründungen in den Vordergrund stellt.

In der Auseinandersetzung zwischen Jens Binner und Hannes Hofbauer geht es um Differenz und Kooperation zwischen Historikern und Journalisten. Hofbauer hat ein sehr erfolgreiches journalistisches Buch geschrieben, das inzwischen in zweiter Auflage erschienen ist. Erfüllt es die Standards, die Historiker einfordern? Um aus der Frage nach den Standards eine heraus zu greifen: Historiker würden von einer Arbeit über das Russlandbild die Erarbeitung des Materials erwarten, welches im Wuppertaler Projekt vorgelegt wurde. Zugebenermaßen trifft es meine Eitelkeit, dass die Arbeit zu den gegenseitigen Bildern, die mein Leben begleitet haben, hier keine Rolle spielen, obwohl ich mich um quellennahe, materialreiche Forschung und Übersetzungen ins Deutsche bemüht habe. Auch der Rezensent hat zum Deutschlandbild quellengesättigt gearbeitet. Kann man in einer journalistischen Arbeit ohne diese Geschichten Reflexivität in den Aussagen erreichen? Und andererseits: zementiert man nicht Positionen akademischer Macht, wenn man Arbeiten nach den Verla-gen einschätzt, in denen sie erschienen sind? Die Diskussion ist nicht abgeschlossen.

Hans-Heinrich Nolte

Table of contents

INHALT

Leonid E. Grinin, Andrej Korotaev
Afroeurasisches Weltsystem. Seine Ursprünge, Geschichte und sein Stellenwert

Raimund Schulz
Über Wasser und Wüsten - Transsaharische Horizonte der mediterranen Welt im 6. und 5. Jahrhun-dert v. Chr.

Harald Kleinschmidt
Die sogenannte „Englische Schule“ in der Theorie der Internationalen Beziehungen und die Lehre von der Expansion der „international society“

Ralf Roth
Die automatische Fabrik als Zukunft in der Vergangenheit

Hans-Heinrich Nolte
Review Neue Publikationen zu Eurasiafrika und Eurasien

Preis der Zeitschrift für Weltgeschichte

Rezensionen

Abstract

Autoren der ZWG 19.1

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Editors Information
Published on
07.11.2018
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Temporal Classification
Additional Informations
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