Welche Daten and Datenarten sind Grundlage für Forschungen in den Jüdischen Studien? Wo und wie speichern Forschende ihre Daten? Wie groß ist die Bereitschaft, Forschungsdaten in Repositorien zu sichern und zur Nachnutzung bereitzustellen? Zwei Umfragen des Fachinformationsdienstes (FID) Jüdische Studien1 der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg (UB JCS) aus dem Frühjahr 2019 und Herbst 20202 bieten hierzu Erkenntnisse. So maßen 2020 mehr als zwei Drittel der Befragten dem Themenbereich Forschungsdaten eine hohe Bedeutung zu und 52% äußerten ihre Bereitschaft, entsprechende Daten in Forschungsdatenrepositorien abzulegen. Die Offenheit für das Thema lässt sich erstens mit der Bedeutung digitaler Forschungsansätze in einzelnen Teilgebieten der Jüdischen Studien begründen.3 Zweitens kann dies auf die vergleichsweise hohe Abhängigkeit der Jüdischen Studien von Projektmitteln zurückgeführt werden und entsprechende Anforderungen von Drittmittelgebern an das Forschungsdatenmanagement im Rahmen ihrer Förderprogramme.
Bevor detaillierter auf die Stellung von Forschungsdaten in den Jüdischen Studien eingegangen wird, soll kurz das Fachgebiet als solches und damit die für den FID relevante Fachgemeinschaft beschrieben werden. Die Jüdischen Studien umfassen Forschung und Lehre zu allen Aspekten der jüdischen Geschichte und Kultur in Vergangenheit und Gegenwart. Sie bedienen sich vorrangig geistes- und sozialwissenschaftlicher Methoden. An deutschen Universitäten zählen die Jüdischen Studien und ihre Teildisziplinen wie Judaistik, Jiddistik, Jüdische Theologie, Jüdische Geschichte und Israel-Studien zu den Kleinen Fächern. Darüber hinaus sind die Jüdischen Studien im Kontext transdisziplinärer Forschungen in den großen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen anzutreffen. Die Israel-Studien sind hierbei den Area Studies zuzuordnen, wobei regionalwissenschaftliche Ansätze in Forschungen auch in der historischen Forschung von Bedeutung sind. Neben der universitären und außeruniversitären Forschung sind darüber hinaus Gedächtnisinstitutionen wie Bibliotheken, Museen, Archive und Gedenkstätten ein weiterer Kontext von Forschung und Vermittlung zur jüdischen Geschichte und Kultur. Die Jüdischen Studien in ihrer Gesamtheit zeichnen sich hinsichtlich ihrer Themen und Methoden, aber auch der strukturellen Rahmenbedingungen durch ein hohes Maß an Heterogenität aus. Hervorzuheben ist darüber hinaus die Bedeutung internationaler Kooperationen auf institutioneller Ebene wie auch im Rahmen von Forschungsprojekten.
Die zitierten Umfragen des FID Jüdische Studien boten weiterhin Einblick in die Art und die besonderen Charakteristika von Forschungsdaten in den Jüdischen Studien: vorrangig handelt es sich hierbei um Texte, Datenbanken, bio-bibliographische Daten sowie Fotos, wozu insbesondere Reproduktionen von Quelltexten zählen. Bereits hier zeigt sich die große Bedeutung textbezogener Forschung innerhalb der Jüdischen Studien. Zugleich untermauern beide Umfragen die herausgehobene Bedeutung mehrsprachiger Quellen und Forschungsliteratur. Im Falle von Hebräisch, Jiddisch und anderen jüdischen Sprachen handelt es sich um nicht-lateinische Schriften, die spezifische Anforderungen an die jeweiligen technischen Systeme stellen.
Der FID Jüdische Studien unterstützt Forschende durch ein breites Spektrum an Informations- und Serviceangeboten, von denen gleich mehrere mit Blick auf den Themenbereich Forschungsdaten relevant sind. Während ein Schwerpunkt auf der Versorgung mit fachspezifischer Literatur und E-Ressourcen sowie dem Aufbau bzw. Ausbau einer fachlichen Informationsinfrastruktur im Rahmen des Portals www.jewishstudies.de liegt, bildet die Bereitstellung und Kuratierung qualitativer Daten für Forschung und Bibliothek ein maßgebliches Handlungsfeld. Dabei übernimmt der FID letztlich drei Funktionen: die Mittlerrolle sowohl im Rahmen der eigenen Beratungs- und Informationsangebote als auch in der Vertretung von sprachspezifischen Interessen und Bedarfen gegenüber Informationsinfrastrukturen; die Expertenrolle hinsichtlich fachlicher Kuratierung und Aufbereitung von Meta- und Normdaten, wobei eine besondere Expertise im Umgang mit mehrsprachigen- und mehrschriftlichen Daten liegt, und die Rolle als Datengeber durch die Bereitstellung entsprechend aufbereiteter Meta- und Normdaten, digitaler Objekte und Volltexte auf Basis digitaler Sammlungsbestände sowie fachlich relevanter Datenbanken. Die genannten Rollen entsprechen nicht zufällig jenen, die der FID Jüdische Studien gemeinsam mit dem FID Afrikastudien als Participant des NFDI4Memory einnimmt.4
Wie zeigt sich dies nun in den Services des FID Jüdische Studien? Während der FID Jüdische Studien gegenüber dem NFDI4Memory die Rolle des Mittlers gegenüber der Fachwissenschaft und ihren spezifischen Bedarfen einnimmt, sind Fragen des Umgangs mit Forschungsdaten Gegenstand seiner Informations-, Beratungs- und Vermittlungsangebote. So weist der FID regelmäßig auf relevante Veranstaltungen und Aktivitäten der NFDI4Memory und der anderen geisteswissenschaftlichen Konsortien hin. Im Rahmen der Beratung von Forschenden und Forschungsprojekten spielt der Umgang mit Forschungsdaten und Anforderungen an das Forschungsdatenmanagement gleichfalls eine Rolle, jedoch nicht als Fokus, sondern als ein Thema neben anderen. Der FID unterstützt Forschende somit vor allem darin, sich zu orientieren und bestehende Angebote zu sondieren. Hier ist zudem zu beachten, dass Forschende bei der Vorbereitung von Forschungsvorhaben und insbesondere Projektanträgen von ihren jeweiligen Institutionen beraten werden und hier häufig grundlegende Fragen bereits geklärt werden können, so dass der FID hier in einer komplementären Rolle für spezifische Fragen konsultiert wird.5
Neben der individuellen Beratung organisiert der FID Jüdische Studien regelmäßig Workshop-Formate, die sich vorrangig an Forschende in den digitalen Jüdischen Studien richten. Hierzu gehören zum Beispiel die FID-Regionalforen, die gemeinsam mit Forschenden über spezifische Anforderung der datengetriebenen Forschung in den Jüdischen Studien diskutieren. Die bisherigen Veranstaltungen spiegeln sowohl die bereits beschriebene Heterogenität der Jüdischen Studien als auch sehr unterschiedliche Vorerfahrungen in Bezug auf eine digitale Forschungspraxis und damit einhergehend ein recht unterschiedlich ausgeprägtes Vorwissen um vorhandene Infrastrukturen, Services und Werkzeuge. Austauschformate wie diese bieten dem FID die Möglichkeit, die eigenen Services besser an den Bedarfen von Forschenden auszurichten und zielgerichteter fachspezifische Bedarfe der Jüdischen Studien in übergreifende Strukturen wie dem FID-System und den NFDI sowie kollaborativ getragene bibliothekarische Services wie die Gemeinsame Normdatei (GND)6 einzubringen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch der vom FID Jüdische Studien und dem Akademievorhaben "Buber Korrespondenzen digital" gemeinsam organisierte Workshop zum Potential von Normdaten in den Jüdischen Studien im Herbst 2024.
Maßgeblich für die Arbeit des FID Jüdische Studien und seine Datenservices ist die herausragende Hebraica- und Judaica-Sammlung der UB JCS Frankfurt am Main mit ca. 350.000 Objekten. Die historischen Bestände der Sammlung gehen auf die Stadtbibliothek Frankfurt zurück; im Kontext der DFG-geförderten Sondersammelgebiete wurde sie bis 2015 wesentlich ausgebaut.7 Die Versorgung mit Literatur und E-Ressourcen ist auch Bestandteil des FID-Programms, das die Sondersammelgebiete ablöste, wenn auch mit anderen Schwerpunkten.8 Die bibliothekarische Expertise der UB JCS im Umgang mit Spezialbeständen wie Hebraica und Judaica bildet die Grundlage für eine fachgerechte und hochqualitative Erschließung der entsprechenden Sammlungsbestände. Dies umfasst neben einer Inhaltserschließung auf Basis allgemeiner bibliothekarischer Klassifikation und einem lokalen Fachvokabular für die Jüdischen Studien und Israel-Studien auch die umfangreiche Anreicherung mit Normdaten. Die UB JCS hat innerhalb der GND die Sprachredaktion für Hebräisch und Jiddisch inne. Die durch den FID Jüdische Studien bereitgestellten Medien werden auf Basis eines hohen Standards erschlossen: ca. 90 Prozent der nachgewiesenen Bestände sind inhaltlich erschlossen, ca. 80 Prozent sind mit Normdaten angereichert, und hebräische Titel sind mehrheitlich originalschriftlich katalogisiert. Letzteres wurde durch Revrit unterstützt, ein im FID Jüdische Studien entwickeltes Verfahren zur automatisierten Retransliteration von Hebraica.9 Diese hohen Erschließungsstandards erleichtern die Auffindbarkeit der einschlägigen Literatur erheblich und greifen letztlich über die Services des FID Jüdische Studien hinaus, da andere Bibliotheken diese Daten im Rahmen der bestehenden technischen Infrastrukturen nachnutzen. Der FID Jüdische Studien unterstützt dies zusätzlich durch gezielte Datenlieferungen. So enthalten die bibliographischen Recherchesysteme von historicum.net (FID Geschichtswissenschaft) und osmikon.net (FID Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa) umfassende Datenauszüge des FID Jüdische Studien.
Diese bibliothekarischen Datenservices und deren Nachnutzung in anderen Recherchesystemen gewährleisten zunächst die Auffindbarkeit und Sichtbarkeit der Quellen und Forschungserkenntnisse der Jüdischen Studien auch außerhalb ihrer eigenen Recherchesysteme und bildet eine wichtige Säule für die Rolle des FID Jüdische Studien als Datengeber, hier von bibliographischen Metadaten. JudaicaLink, ein Teilprojekt des FID Jüdische Studien, bereitet zudem fachrelevante Daten als Linked-Open-Data auf. Grundlage hierfür sind neben den Meta- und Normdaten der UB JCS einschlägige Nachschlagewerke und Datenbanken. JudaicaLink umfasst einen Knowledge Graph, der als Hintergrunddienst des FID zur Metadatenanreicherung eingebunden ist.10 Zusätzlich wurden im Rahmen von JudaicaLink Labs Volltextdaten aus Compact Memory, einer digitalen Sammlung historischer jüdischer Presse an der UB JCS, durch Text-Data-Mining aufbereitet.
Der FID Jüdische Studien stellt, wie alle FID der UB JCS, umfangreiche Datenbestände zur Nachnutzung bereit. Die UB JCS beteiligt sich darüber hinaus an kollaborativ getragenen überregionalen bibliothekarischen Datenservices.11 Darüber hinaus unterstützt der FID Jüdische Studien auch Forschende und Forschungsprojekte regelmäßig mit Datenauszügen. Dies umfasst sowohl bibliographische Daten, die in den stark textbezogenen Forschungen von Bedeutung sind als auch digitale Bestände der UB JCS mit den zugehörigen Volltexten. Hierbei ist zu beachten, dass bereits ab Mitte der Neunziger Jahre die teils unikalen historische Bestände der Hebraica- und Judaica-Sammlung der UB JCS digitalisiert wurden und im Rahmen der Frankfurter Digitalen Judaica-Sammlung ca. 50.000 Objekte mit ca. vier Millionen Seiten überwiegend zur freien Nutzung online bereitgestellt werden. Einzelne Sammlungen wurden in Kooperationen mit einschlägigen nationalen und internationalen Partnern aufgebaut. Hierzu gehören das Zeitschriftenportal Compact Memory und die Freimann-Sammlung, eine virtuelle Rekonstruktion des Judaica-Katalogs der Stadtbibliothek Frankfurt.12
Die digitalen Bestände der UB JCS werden auch für größere Online-Portale wie die Deutsche Digitale Bibliothek und die Europeana aggregiert. Letzteres erfolgte im Rahmen des Projekts Judaica Europeana, das digitale Objekte zum europäisch-jüdischen Kulturerbe aus mehr als zwanzig internationalen Sammlungen in zwei Projektphasen zugänglich machte.13 Ebenso sind die hebräischen Handschriften der UB JCS über das Portal KTIV – Digitized Hebrew Manuscripts14 der National Library of Israel (NLI) zugänglich. Mit Blick auf die historische jüdische Presse ist eine engere Zusammenarbeit zwischen Compact Memory mit seinem Schwerpunkt im Bereich der Publikationen des deutschsprachigen Judentums und dem Portal Jewish Historical Press der NLI in Vorbereitung.15
Angesichts der Stellung ihrer Hebraica- und Judaica-Sammlung als bedeutendste deutsche Sammlung und einer der wichtigsten weltweit, ist die UB JCS auch aktiv in Forschungsprojekte involviert. Dies betrifft insbesondere sammlungs- und buchgeschichtliche Forschungsvorhaben. Ein Beispiel hierfür ist Footprints – Jewish Book through Time and Place, ein internationales Datenbankprojekt, für das mehr als 700 alte Hebräische Drucke auf Provenienz- und Nutzungsspuren untersucht wurden.16 Forschungsdaten wie diese werden zugleich im Rahmen von JudaicaLink nachgenutzt und als Linked Open Data aufbereitet. In Einzelfällen wurden in der Vergangenheit auch Datenbestände übernommen, konkret zwei bibliographische Datenbanken: die Bibliographie zur Geschichte der Juden in Hessen wurde durch den hessischen Bibliotheksverbund Hebis in die Hessische Bibliographie integriert, womit zugleich eine Nachnutzung des Fachkatalogs Jüdische Studien gewährleistet ist.17 Ebenfalls in den Fachkatalog integriert sind Daten aus der Library of the Haskala. Eine bio-bibliographische Datenbank zur jüdischen Aufklärung mit umfangreichen Annotationen, die im Rahmen eines deutsch-israelischen Forschungsprojekts entstand und zusätzlich über eine eigene Instanz zugänglich ist.18
In Bezug auf das Thema Forschungsdaten lassen sich für die Jüdischen Studien – und vergleichbare Fachgebiete – einige besondere Herausforderungen benennen. So geht die hohe Spezialisierung Kleiner Fächer wie die Jüdischen Studien mit höheren Risiken für eine nachhaltige Sicherung von Services einher. Einzelne Services wie digitale Sammlungen oder Datendienste nehmen eine deutlich zentralere Rolle ein, als dies in größeren Fächern der Fall sein mag. Bei einer Verknappung von Ressourcen sind sie somit deutlich schneller in ihrer Existenz gefährdet. Gleichzeitig können systemimmanente Pfadabhängigkeiten nachteilig wirken, insbesondere wenn spezifische Anforderungen nicht berücksichtigt werden (können). Ein Beispiel aus dem Bibliothekswesen ist der Umgang mit nicht-lateinischen Schriften und die lange nicht priorisierte Einführung von Unicode als Standard, wodurch das Katalogisieren von Medien in Originalschrift lange nicht möglich war, was bis heute Auswirkung auf die Qualität bibliographischer Daten hat. Auch bibliothekarische Klassifikation und Vokabulare sind aus der Perspektive der Jüdischen Studien und vergleichbarer Forschungen zu nicht-hegemonialen Kulturen häufig problematisch, da sie zum Teil auf semantischen und epistemischen Konzepten beruhen, die hegemoniale Strukturen fortschreiben, so etwa durch ihre Zentrierung auf Deutschland bzw. Europa oder das Christentum.19 Bibliothekarische Ordnungssysteme haben nicht nur große Auswirkungen auf die Sichtbarkeit von Forschungsthemen, sie sind auch ein Faktor der wissenschaftlichen Wissensproduktion und müssen im Bibliothekswesen und in der Forschung kritischer betrachtet werden. Dies geschieht in Teilen bereits im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion um den Umgang mit ethisch sensiblen und rechtlich problematischen Inhalten.20 In den Jüdischen Studien sind die Themengebiete Antisemitismus und Holocaust zur Auseinandersetzung mit datenethischen Fragen relevant.
Aktuelle geopolitische Krisen sind eine Herausforderung, die die Jüdischen Studien mit anderen Area Studies verbinden. Seit dem 7. Oktober 2023 sind Forschungsaufenthalte in Israel nur eingeschränkt möglich. Die Zusammenarbeit mit israelischen Einrichtungen und Forschenden steht vor besonderen Herausforderungen. Dies schließt auch in Deutschland Fragen der persönlichen Sicherheit von Forschenden, Studierenden und Gästen ein. Auch der russische Krieg gegen die Ukraine hat Auswirkungen auf Forschungsprozesse in den Jüdischen Studien, da wichtige Quellenbestände in beiden Ländern nicht oder nur eingeschränkt zugänglich sind. Digitale Formate sind nicht in jedem Fall eine Alternative. Quellen sind von Krieg und Terror in ihrem Bestand bedroht, und für zahlreiche Forschungsansätze bleibt der Zugang zum Original unabdingbar. Auch digitale Angebote sind nicht immer uneingeschränkt zugänglich. Die National Library of Israel, welche zentrale digitale Forschungsservices für die Jüdischen Studien bereitstellt, sowie andere Einrichtungen des jüdischen Kulturerbes weltweit sind aktuell immer wieder Ziel von Hackerangriffen.
Wie gezeigt, unterstützt der FID Jüdische Studien mit seinen Services Forschende auf verschiedenen Ebenen in ihrem Forschungsprozess, durch die Gewährleistung des Zugangs zu Quellen und Forschungsliteratur, die Sicherstellung ihrer Auffindbarkeit durch eine fachgerechte Erschließung, die Bereitstellung von Daten sowie durch individuelle bzw. projektbezogene Beratungen. Während diese Services Relevanz für den Themenbereich Forschungsdaten haben, bietet der FID derzeit noch keinen spezifischen Service für das Forschungsdatenmanagement in den Jüdischen Studien an wie etwa ein Datenrepositorium. Zum einen sehen die Rahmenbedingungen des FID-Programms den Aufbau entsprechender Services nicht vor.21 Zum anderen stellt sich die Frage, in welcher Form fachspezifische Services mit hohem Infrastruktureinsatz für Kleine Fächer bei gleichzeitig hohen Anforderungen an die fachliche Betreuung umgesetzt werden können und bis zu welchem Grad entsprechende Infrastrukturen an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, den spezifischen Anforderungen eben dieser Fächer genügen können und müssen. Die Mitwirkung der FID am Aufbau der NFDI ist hierbei ein Weg, die enge Begleitung der eigenen Fachwissenschaft und der stete Austausch über Anforderung und Bedarfe ein anderer. Mit Blick auf die Jüdischen Studien und ihre thematische und methodische Heterogenität ist zudem festzuhalten, dass letztlich die Arbeit aller geisteswissenschaftlichen NFDI von Bedeutung ist, neben NFDI4Memory vor allem NFDI4Culture und Text+. Hinsichtlich der Israel-Studien werden die sozialwissenschaftlichen Konsortien relevant werden, insbesondere KonsortSWD. Dies fordert nicht nur den FID Jüdische Studien, sondern eine aktive Mitwirkung einschlägiger Einrichtung und Forschenden aus allen Forschungsbereichen der Jüdischen Studien.
Anmerkungen:
1 <https://www.jewishstudies.de/de/> (16.10.2024).
2 Im Frühjahr 2019 befasste sich die Umfrage ausschließlich mit dem Thema Forschungsdaten; es nahmen 100 Personen an der Umfrage teil, davon beantworteten 67 Personen alle Fragen. Im Herbst 2020 führte der FID Jüdische Studien eine Umfrage zu Informations- und Service-Bedarfen in den Jüdischen Studien und Israel-Studien durch. Es nahmen insgesamt 156 Personen teil; Fragen zum Themenbereich Forschungsdaten beantworteten 89 Personen.
3 Zu beachten ist, dass Forschende aus den digitalen Jüdischen Studien möglicherweise eher bereit sind, an Umfragen wie diesen teilzunehmen. Zu DH-Ansätzen in den Jüdischen Studien: Erste experimentelle Ansätze zur datenbasierten Forschung finden sich bereits Ende der fünfziger Jahre im Zusammenhang mit den Qumran-Rollen. Insbesondere für Editionsprojekte und Bibliographien wurden bereits früh computergestützte Methoden eingesetzt. Ebenso begann die Digitalisierung von Primärquellen vergleichsweise früh. Zum aktuellen Stand der digitalen Jüdischen Studien siehe #DHJewish – Jewish Studies and Digital Humanities (<https://dhjewish.org>, 05.01.2025) sowie Gerben Zaagsma / u.a. (Hrsg.), Jewish Studies in the Digital Age, Boston 2022.
4 Im Rahmen der Task Area 2 „Data Connectivity“, measure 5: Die UB JCS übernimmt für die beiden FID die Rolle „as experts on non-hegemonial and non-European perspectives as well as linking the consortium with research, memory institutions, and infrastructures. As intermediaries to both Specialised Information Services national and international research communities respectively, as data providers giving access to our significant digital collections as well as metadata, authority files, and highly specialised vocabularies related to the fields of African and Jewish Studies.“
5 Zum Beispiel zur Nachnutzung von Meta- und Normdaten, insbesondere aber zur Nutzung von digitalen Sammlungsbeständen und Volltexten.
6 <https://gnd.network> (05.01.2025).
7 Die historischen Bestände der Stadtbibliothek Frankfurt gehen auf Schenkungen jüdischer Frankfurter*innen zurück. Mit ca. 350.000 Objekten ist sie heute die größte Sammlung ihrer Art in Deutschland. Zur Geschichte der Sammlung vgl. Kerstin von der Krone, Die Hebraica- & Judaica-Sammlung der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, in: Germania Judaica / Stannheim Institut, Von Büchern und ihren Orten: Ein Blog der Germania Judaica in Kooperation mit dem Steinheim-Institut (Januar 2022), <https://www.jewish-libraries.com/post/die-hebraica-judaica-sammlung-der-universit%C3%A4tsbibliothek-frankfurt-am-main> (05.01.2025); Rachel Heuberger / Bibliothek des Judentums, Die Hebraica- und Judaica-Sammlung der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main: Entstehung, Geschichte und heutige Aufgaben, Frankfurt am Main 1996.
8 Während die Sondersammelgebiete für die Erwerbung von aktueller Literatur einen Vollständigkeitsanspruch verfolgten, folgt sie im Programm der Fachinformationsdienste für die Wissenschaft vorrangig dem Prinzip der Bedarfsorientierung; zudem werden soweit eine überregionale Versorgung gewährleistet wird, elektronische Medien bevorzugt erworben. Vgl. <https://www.dfg.de/de/foerderung/foerdermoeglichkeiten/programme/infrastruktur/lis/lis-foerderangebote/fachinfodienste-wissenschaft> (05.01.2025).
9 Siehe Informationen im FID-Portal <https://www.jewishstudies.de/de/service/data-services/revrit/> (05.01.2025) und die technische Dokumentation <https://github.com/ubffm/arcapi> (05.01.2025). Vgl. Aaron Christianson / Rachel Heuberger / Thomas Risse, Back to the Source: Recovering Original (Hebrew) Script from Transcribed Metadata, in: Eva Mèndez / u.a. (Hrsg.), Digital Libraries for Open Knowledge, Lecture Notes in Computer Science vol. 11057 (2018), <https://doi.org/10.1007/978-3-030-00066-0_33>.
10 Im Fachkatalog Jüdische Studien ist JudaicaLink wie andere Linked-Open-Data-Quellen über den DNB-Service Entity Facts eingebunden. Die weitere technische Integration in das FID-Portal <https://www.jewishstudies.de/de/> ist derzeit in Vorbereitung, <https://labs.judaicalink.org/search/all_search_nav> (05.01.2025).
11 Dies umfasst neben GND auch für die Zeitschriftendatenbank (ZDB), die Elektronische Zeitschriftendatenbank (EZB) und das Datenbank-Infosystem (DBIS).
12 Freimann-Sammlung, Digitale Sammlungen der UB JCS (<https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann>): von 2006–2015 mit Förderung von DFG und National Endowment for the Humanities (NEH) aufgebaut, umfasst etwa 10.000 Werke mit insgesamt 1,8 Millionen Seiten aus dem 16. –20. Jahrhundert. Ausgangspunkt ist ein von Aron Freimann (1871–1948) verfasster Katalog von 1932 (<https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:1-154499>).
13 Die Judaica Europeana hat unter Leitung der European Association for Jewish Culture (London), der UB JCS und der National Library of Israel (NLI) von 2010 bis 2012 etwa 3,7 Millionen Objekte aus 27 Institutionen digitalisiert und aufbereitet. Neue Anforderungen an Datenstandards sowie das fortgesetzte Engagement zur Digitalisierung des jüdisch-europäischen Kulturerbes waren Grundlage des Nachfolgeprojekts Judaica Europeana 2.0. Unter Leitung des Jewish Historical Museum Amsterdam und Mitwirkung der UB JCS wurden von 2019 bis 2022 die Qualität vorhandener Daten optimiert, neue Datenbestände eingespielt und mit dem Jewish Heritage Network eine nachhaltige Plattform zur Datenaggregation aufgebaut. Vgl. <https://pro.europeana.eu/project/judaica-europeana> (05.01.2025) sowie Pavel Kats / Judaica Europeana 2.0, The aggregation platform for Jewish heritage content to Europeana (2022), <https://pro.europeana.eu/post/judaica-europeana-2-0-a-new-aggregation-platform-for-jewish-heritage-content> (05.01.2025).
14 <https://www.nli.org.il/en/discover/manuscripts/hebrew-manuscripts> (05.01.2025).
15 Geplant ist die Einspielung von Datenbeständen aus Compact Memory in die Plattform der NLI. Diese unterstützt die UB JCS wiederum bei Ergänzungen in Compact Memory.
16 Im Rahmen des Projekts Footprints in Frankfurt: Provenance of Early Hebraica in the University Library Frankfurt am Main (2019-2020), das mehr als 1.100 Datensätze für die internationale buchhistorische Datenbank Footprints erfasste: Jewish Books through Time and Place (<https://footprints.ctl.columbia.edu>, 05.01.2025). Vgl. Kerstin von der Krone, Footprints in Frankfurt: Tracing the Circulation of Early Hebrew Books, EJAS Digital Forum Showcase (2022), <https://www.eurojewishstudies.org/digital-forum-showcase-reports/footprints-in-frankfurt-tracing-the-circulation-of-early-hebrew-books/> (05.01.2025).
17 Der Fachkatalog wird von Hebis betrieben.
18 Derzeit zugänglich via <https://www.haskala-library.net/> (05.01.2025). Die Datenbank wird derzeit auf eine neue technische Basis gestellt und soll mittelfristig in das FID-Portal <https://www.jewishstudies.de/de/> integriert werden.
19 U.a. zeigt sich dies in der weithin gängigen Verwendung von Begriffen wie „Orient“ oder „Nichtchristliche Religionen“. Letzteres findet sich sowohl in der Regenburger Verbund Klassifikation (RVK), die in sehr vielen deutschen Bibliotheken verwenden wird, aber auch in der Systematik der Gemeinsamen Normdatei (GND).
20 U.a. im Rahmen eines virtuellen Workshops der FID im Herbst 2023; siehe Tagungsbericht Simone Franz / Franziska Voß, Erwerbung, Erschließung und Bereitstellung problematischer Inhalte: Zum Umgang mit Rassismus, Kolonialismus und Extremismus in den Fachinformationsdiensten: Bericht über den Online-Workshop veranstaltet von den Fachinformationsdiensten Geschichtswissenschaft, Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa, Sozial- und Kulturanthropologie sowie der UAG Sacherschließung der AG FID, in Kooperation mit der VDB-Fachreferatskommission, in: O-Bib. Das Offene Bibliotheksjournal 11 (1) (2024), S. 1-7, <https://doi.org/10.5282/o-bib/6008>. Die UAG Sacherschließung hat ausgehend von diesem Workshop darüber hinaus auf der BiblioCon 2024 ein Hands-on-Lab zu ethisch-sensiblen Inhalten organisiert.
21 Für die dritte Förderphase des FID Jüdische Studien (2022–2025) wurden Mittel für den Aufbau weiterer Services beantragt, darunter die systematische Erfassung von Metadaten für Forschungsdatensets in den Jüdischen Studien sowie die Erarbeitung von Richtlinien zum Umgang mit Forschungsdaten (gemeinsam mit Forschenden). Die geplanten Tätigkeiten wurden nicht bewilligt und können daher aktuell nicht umgesetzt werden.