Das Panel Nummer 2, „Weltgeschichtsschreibung in Südeuropa im Vergleich“, zusammengestellt von Antonis Liakos (Griechenland), Lluis Roura i Alinas (Spanien), Alberto Gil Novales (Spanien) und Edoardo Tortarolo (Italien), befasst sich mit den historischen Tendenzen der Welt-, Universal- und Globalgeschichte in Griechenland, Italien und Spanien.
Liakos tauchte in die Wahrnehmung der Globalgeschichte in Griechenland ein. In seinem Vortrag „World History in Greece“ unternahm er einen Gang durch die griechische Historiographie des 19. und 20. Jahrhunderts. Der griechische Wissenschaftler von der Universität Athen hielt es für sinnvoll, eine Einführung in die Unterscheidung zwischen Global- und Nationalgeschichte zu halten. Diese Unterscheidung betrachtet er als ein Produkt von Institutionalisierung und Professionalisierung der Geschichtswissenschaft seit dem 19. Jahrhundert.
Der Vortrag teilte das 19. Jahrhundert in zwei Teile. Im ersten zeigte Liakos anhand von ausländischen Publikationen die Universalisierung der Alten Geschichte Griechenlands in Ländern wie England oder Frankreich, in denen das Alte Griechenland als „supranational model of patriotism“ erschien. Diese Schriften wurden wiederum von der „Nationalen Macht Griechenlands“ missbraucht, indem sie in einer sehr nationalistischen Art und Weise übersetzt wurden. Solche Tendenzen konnten auch in bestimmten universitären Abteilungen beobachtet werden.
Der zweite Teil des Vortrages fasste die Periode der „Greek Historical Narrative“ zusammen. In diesem Zeitraum muss über eine Erneuerung der Beziehung zwischen der National- und der Globalgeschichte gesprochen werden. Obwohl ausländische Wissenschaftler die griechischen Studien als Humanistische Studien bzw. Globalgeschichte bezeichneten, existiert ein großer Teil der griechischen Forschungen, in denen der Hellenismus als Behälter der griechischen und christlichen Werte und damit als Nationalgeschichte beansprucht wurde.
Das 20. Jahrhundert begann mit der Politisierung der Global- und der Nationalgeschichte. Linke Parteien identifizierten sich mit der Universalisierung der Geschichtsschreibung, rechte Politiker unterstützten jedoch die Erziehung in der Nationalgeschichte als Methode für die Bewahrung nationaler Einheit und zur Bekämpfung des Kommunismus. Antonis Liakos hob hervor, dass ein Interesse an der Globalgeschichte in der zeitgenössischen griechischen Gesellschaft präsent sei, im Vergleich zur Nationalgeschichte jedoch erst an zweiter Stelle.
Die spanische Historiographie wurde von Lluis Roura i Aulinas und von Alberto Gil Novales vertreten. Roura i Aulinas beschäftigte sich mit dem Hispanic Empire und der Idee des „Empire“ in der spanischen Historiographie („L’Empire hispanique et l’idée d’empire dans l’historiographie espagnole moderne“). Ihm folgte Alberto Gil Novales mit seinem Vortrag über Universalgeschichte aus spanischer Perspektive („La Historia Universal en Perpectiva española“).
Roura i Aulinas, Professor an der der Universitat Autónoma de Barcelona, stellte eine klare Unterscheidung zwischen der Idee eines europäisch-universalen Empires, wie das von Karl V. und Philipp II., und der eines Hispanic Empire mit einem deutlichen kolonialen Charakter dar.
Erst im 16. Jahrhundert tauchte die politische Idee eines Empires in der spanischen Historiographie auf, in den Schriften von Covarrubias und Menchaca, welche die universale Dimension der spanischen Monarchie verteidigten. Während des 17. Jahrhunderts trat eine Tendenz zu Erinnerungen an die Regierungen der Katholischen Könige auf, was den hispanischen Charakter des Empires verstärkte. Das 18. Jahrhundert und die „leyenda negra“ konsolidierten die Opposition zwischen dem Hispanic Empire und dem Universal Empire. Der Liberalismus und die Historiographie setzten sich mit der Verteidigung des hispanischen Empires fort. Dieses Element förderte die Gründung der spanischen Staat-Nation und seine Folgen wirkten bis in das 20. Jahrhundert. Der spanische, katalanische oder iberische Nationalismus erscheint daher in Verbindung mit der Idee eines Empire, in welchem gleichzeitig verschiedene Zentren existierten. Während der Franco-Diktatur zentralisierte die offizielle Geschichtsschreibung das Empire in eine kastilische Sphäre. Eine neue Welle von Intellektuellen schlug eine historiographische Herkunft der Idee des Empires vor und forderte eine Revision der Geschichte, indem die Spanische Geschichte und die Universalgeschichte nicht durch das Empire verbunden werden, sondern durch die Geschichte der Gesellschaft, der Kultur, der Wirtschaft etc.. Heutzutage versuchen politische Kräfte, insbesondere die konservative Partei, immer noch die Einheit Spaniens durch Erinnerungen an die historische Vergangenheit zu festigen. Der Autor verteidigt zum Ende seines Vortrages die Hypothese, dass das spanische Empire, eine Konstruktion der Historiographie ist.
Alberto Gil Novales lud zu einem Gang durch die Universalhistoriographie aus spanischer Perspektive ein. Dieser begann im 18. Jahrhundert und setzte sich bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fort. Die Thesen und die Forschungsergebnisse, sowohl von spanischen, als auch von internationalen Autoren, wurden präsentiert. Neben den spanischen waren in einem ersten Abschnitt des genannten Zeitraums vor allem die italienischen Wissenschaftler sehr bedeutend. Seit Mitte des 19. Jahrhundert wurde in Spanien vor allem deutsche Universalhistoriographie übersetzt. Gil Novales wies besonders auf den zunehmenden Einfluss ausländischer Ideen hin, der vor allem Dank zahlreicher Übersetzungen verstärkt wurde. In seinem Vortrag zitierte er beispielsweise die Schriften von Max Weber und deren Einflüsse auf die Einführung des Krausismus in Spanien oder die Aufnahme antiliberaler Ideen aus den Werken von Hans Freyer. Insgesamt gab Gil Novales eine Zusammenfassung der Entwicklung der Universalhistoriographie der letzten drei Jahrhunderte aus spanischer Perspektive.
In seinem Beitrag über die Weltgeschichte markierte Edoardo Tortarolo zunächst einige Schwerpunkte zur Analyse der Weltgeschichte. Er debattierte über die Idee der zentralen Rolle der europäischen Geschichte innerhalb der Weltgeschichtsschreibung; er unterschied zwischen Welt- und Globalgeschichte, indem er postulierte, dass Globalgeschichte eher in Ländern mit imperialistischem Hintergrund geschrieben wird; Tortarolo erwähnte weiterhin die Bedeutung einer zugänglichen kulturellen Infrastruktur für das Schreiben von Weltgeschichte.
Die Rolle der italienischen Geschichtsschreibung in der Weltgeschichte während des 20. Jahrhunderts hält Tortarolo für wenig bedeutend. Der italienische Wissenschaftler signalisierte eine Ausnahme, indem er Arnaldo Momigliano, welcher als Analytiker der Interaktionen zwischen den Mittelmeerraumkulturen einen Stritt jenseits der Nationalgeschichte tat, besonders hervorhob.