First European Congress of World and Global History - Panel 29: The World Re-Ordered: Global Moments and Movements, 1880-1930

First European Congress of World and Global History - Panel 29: The World Re-Ordered: Global Moments and Movements, 1880-1930

Organizer(s)
European Network in Universal and Global History; Organisationskomitee Leipzig: Frank Hadler, Matthias Middell, Hannes Siegrist, Katja Naumann
Location
Leipzig
Country
Germany
From - Until
22.09.2005 - 25.09.2005
By
Maria Hidvegi

Am Anfang stellte Dominic Sachsenmaier (University of California at Santa Barbara) ein von der DFG geförderten amerikanisch-deutsches Forschungsnetzwerk vor, in dem er mit Sebastian Conrad und neun anderen jungen Wissenschaftlern Konzepte von Weltordnungen von ca. 1880 bis zum Aufkommen der totalitären Regime um 1930 untersucht. Einige Projekte der in das Netzwerk eingebundenen Wissenschaftler wurden in der Sektion vorgestellt.

Harald Fischer-Tiné (Humboldt Universität zu Berlin) sprach über Global Civil Society and the Forces of Empire. The Salvation Army, British Imperialism and the ‘pre-history’ of NGO-s (ca. 1880-1920). Der Vortragende griff auf Kritiken der Globalisierung zurück, die in der Errichtung einer globalen Zivilgesellschaft mit NGO-s als Kernorganisationen das einzig effektiven Mittel für einen Widerstand gegen die gefährliche Entwicklung der asymmetrischen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen sehen. Fischer-Tiné hat anhand einer der erfolgreichsten philanthropischen Bewegungen, der Salvation Army (SA) die a-priori-Zuordnung der globalen Zivilgesellschaft und die ‚forces of empire’ hinterfragt. Die 1865 auf den Traditionen der Mittelschicht beruhende Wohltätigkeitsorganisation, die die Re-Christianisierung der städtischen Armen zum Ziel hatte, konnte ihre ersten Erfolge in den 1880er Jahren ernten. Von da an verfolgte sie als quasi militärische Organisation ihr global erweitertes Ziel und bot dafür ein soziales Programm (Umerziehung durch Arbeit). Mit Hilfe der dreifachen Verflechtung der SA mit imperialer Ideologie und Praxis wurde dargestellt, dass der von NGOs getragene neue Internationalismus nicht unbedingt eine Herausforderung für Staat und Empire bedeutet. Erstens wurde herausgestellt, dass sogar apolitische und regierungsfeindliche Organisationen und historische Akteure von der imperialen Rhetorik, Weltanschauung und Form der Wissensbeschaffung nicht unberührt blieben. Zweitens wurde auf der praktischen Ebene eine Verminderung der städtischen Armut in England teilweise durch die Emigration der „umerzogenen“ Armen in die Kolonien gefördert, wozu die koloniale Infrastruktur unentbehrlich war. Drittens sollte die politische Verflechtung nicht vergessen werden, da die einst von den staatlichen Behörden verfolgte SA für das zweite Jahrzehnt des 20. Jahrhundert „the guardian of the empire“, „a sort of huge service business for social control” wurde.
Die Elemente des Erfolgs der SA waren: Fähigkeiten bei Nutzung der Massenmedien, Lobby, unternehmerische Fähigkeiten und die Abhaltung der Armen von einer Revolution, was die staatliche Unterstützung garantierte. Auf Fragen nach der Rolle der Frauen in der SA wurde diese als progressive, anti-establishment Organisation bezeichnet, da sie stark auf die Öffentlichkeitsarbeit der Frauen gesetzt hat und sie die Uniform tragen ließ.

Der Vortrag von Sebastian Conrad (Freie Universität Berlin) über Global Mobility and Nationalism. Chinese Migration and the Ethnicization of Belonging 1880-1910 zielte auf die Revision genereller Annahmen über die Geschichte des Nationalismus ab. Aufgrund der von der Chinesischen Kulibewegung ausgelösten Reaktionen in Deutschland, in den USA, in Australien und in China selbst wurde dargestellt, dass um die Jahrhundertwende außer dem unbestreitbaren traditionalen und „invented taditions“-Elemente der Nationsbildung die globalen Migrationsprozesse einen erheblichen Einfluss auf die Nationalisierungsdiskurse ausgeübt haben. Der so entstandene globale Kontext hat die Art und Weise beeinflusst, wie die Nation verstanden wurde und wie ihre In- und Exklusionsstrategien funktionierten. Erstens entwickelten die Staaten Strategien, um Massenbewegung zu kanalisieren, zu kontrollieren und aufhalten zu können, was zur Wandlung der bisherigen symbolischen zu nationalen Grenzen beigetragen hat. Zweitens wurden die ethnischen und rassischen Elemente der nationalen Zugehörigkeit in den Vordergrund gerückt: siehe dazu den kulturell motivierten Protektionismus der heimischen Agrarproduktion sowie die parallelen antisemitischen und „Gelbe Gefahr“-Exklusionsdiskurse in Deutschland, den amerikanischen Chinese Exclusion Act (1882) und die Erfindung der Tradition des „White Australien“. Drittens hat die globale Bewegung von Waren und Menschen zur Entwicklung eines globalen und Systembewusstseins beigetragen, in dessen Kontext die Nationalstaaten existierten und sich behaupteten. Dieses globale Bewusstsein hat lokalen politischen Akteuren ermöglicht, lokale und nationale Angelegenheiten mit globalen Strukturen in Zusammenhang zu bringen („glocalization“). Die Kulibewegung habe außerdem die Entwicklung des chinesischen Nationalismus dreifach beeinflusst: durch die Auslösung nationaler Gefühle auf dem Festland gegenüber den in der Diaspora lebenden Chinesen, durch die Ersetzung der „Chinesischen Zivilisation“ durch die Rasse als zentrale Kategorie der nationalen Zugehörigkeit und drittens durch die Re-territorialisierung Chinas, da es von nun an als einer der Nationalstaaten der Welt verstanden wurde.
In der anschließenden Diskussion wurde nachgefragt, ob die Migration generell solche Folgen auslöst oder ob es spezifisch für diesen Fall sei. Dabei wurde auf die osteuropäische Migration hingewiesen, die auf eine ähnliche Weise die öffentliche Aufmerksamkeit geweckt habe. Es wurde hervorgehoben, dass die Chinesen ein globales negatives Symbol wurden, das aber nicht überall gleich wichtig war. Vielerorts ging es nicht um die Realität, sondern nur um die Möglichkeit des Einsatzes billiger chinesischer Arbeitskräfte.

Cemil Aydin (University of North Carolina at Charlotte) fokussierte auf den globalen Moment des russisch-japanischen Krieges 1905, der weltweit als der Sieg einer zur gelben Rasse zugehörende Nation von Asien über ein mehrheitlich weisses, christliches westliches Empire interpretiert wurde. Aydin betonte, dass der russisch-japanische Krieg erst vor dem Hintergrund des globalen Diskurses über die Legitimität der westlichen Hegemonie in Asien ein globaler Moment wurde. Anhand des russisch-japanischen Krieges wurden die Spannungen zwischen der Universalisierung der europäischer Moderne durch die nicht-westlichen Elite und dem rassischen und dem Zivilisationssdiskurs des späten 19. Jahrhunderts, die die imperiale Weltordnung legimierten, anschaulich. Der infolge des japanischen Sieges entstandene globale Diskurs über Rasse, Zivilisation und Entwicklung war der entscheidende Punkt in der Enwicklung alternativer Konzepte der Weltordnung und in der weltweiten Rivalisierung mit dem Westen durch Konstitutionalismus und Unterrichtsreformen. Als Beispiele wurden zwei Konzepte der alternativen Weltordnung, der Panislamismus und der Panasianismus angeführt. Aydin hob hervor, wie das globale Image des Westen infolge der britischen Invasion in Ägypten dramatisch geändert wurde. Sie hätte nämlich die westlichen Zivilisationsstandards und damit die Bemühungen der ägyptischen Elite um eine Modernisierung des Staates im westlichen Sinne in Frage gestellt. Das hätte zur ersten Diskussionen über islamische Solidarität und den Panislamismus geführt. Infolge der europäischen rassischen Politik kam es auch zur panasiatischen Solidarität in Ostasien. Zur Kritik der eurozentrischen Weltordnung haben nicht-westliche Intellektuelle zwei Denkmuster entwickelt. Einerseits wurde das Modernisierungskonzept von seinem westlichen Ursprung gelöst, radikalisiert und universalisiert (lokale Adaptation der Prinzipien sowie Einbeziehung in die Globalisierung), andererseits wurden die Gedanken der Aufklärung gegen Europa in den internationalen Beziehungen eingesetzt. Diese nichtwestliche intellektuelle Elite habe auch zum “Erwachen des Ostens” durch die Etablierung eines Selbstbewußtseins maßgeblich beigetragen, das wiederum ein Element der Wahrnehmung des “Niederganges des Westen” nach dem Ersten Weltkrieg war.

Erez Manela (Harvard University) untersuchte die Antwort der Kolonien auf den Diskurs über die Selbstbestimmungsprinzipien, die während des ersten Weltkrieges von dem amerikanischen Präsidenten, Woodrow Wilson als Leitidee der neuen Weltordnung thematisiert wurden. Konkret wurde der Zusammenhang zwischen diesem neuen Diskurs sowie der in der Friedenskonferenz geöffneten politischen Sphäre und den antikolonialen Freiheitsbewegungen im Frühjahr 1919 in Ägypten, Indien, China und Korea analysiert. Gleichzeitig wurden die Beziehungen zwischen den Kolonien dargestellt. Die zentrale Frage war, wie akademische Gedanken, die nur für Europa gedacht waren, zur zentralen Mobilisierungskraft für Gesellschaften in der ganzen Welt wurden. Die kolonialen Bewegungen sollten in dem Kontext eines „globalen Moments“ verstanden werden, wenn der neue Diskurs über die internationale Ordnung und Legitimität – identifiziert meistens mit Wilson - dank der Kriegspropaganda und den neuen Kommunikationstechnologien mit beispielloser Geschwindigkeit in der ganzen Welt verbreitet wurde. Das Selbstbestimmungsprinzip schien gefestigte Ordnungsprinzipien zu destabilisieren und neue Wege zu schaffen, die gegenüber den bisherigen Normen und Methoden der kolonialen Weltordnung eine Herausforderung darstellten. Die Literatur über den Ersten Weltkrieg und die Friedenskonferenz konzentrierte sich bisher fast ausschließlich auf Themen und Perspektiven im Zusammenhang mit europäischen Angelegenheiten und der Großmächte. Der Vortragende versuchte die Stimmen von den Kriegsereignissen und den Friedensversprechungen mobilisierter aber marginalisierter Gruppen aus den Kolonien in die Geschichte der Friedensbildung nach dem Ersten Weltkrieg wieder einzubeziehen. Es wurde veranschaulicht, wie der internationale Diskurs über Legitimität entstand und wie dieser Diskurs Wandlungen in der internationalen Ordnung, bei den nationalen Bewegungen und Identitäten, beeinflusste. Der Vortrag trug außerdem zur Erklärung der Etablierung postkolonialer Nationen als souveräne Akteure in der internationalen Ordnung bei. In der Diskussion ging es vor allem um kritische Bemühungen, die von ihm vorgeschlagenen Prinzipien durchzusetzen und um die Reaktionen enttäuschter Vertreter der antikolonialen Bewegung.

Contact (announcement)

Katja Naumann
Universität Leipzig
Zentrum für Höhere Studien
Emil-Fuchs-Str. 1
04105 Leipzig
knaumann@uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/zhs/ekwg
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Published on
06.01.2006
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