First European Congress of World and Global History - Panel 40: Americanization of the European Economy

First European Congress of World and Global History - Panel 40: Americanization of the European Economy

Organizer(s)
European Network in Universal and Global History; Organisationskomitee Leipzig: Frank Hadler, Matthias Middell, Hannes Siegrist, Katja Naumann
Location
Leipzig
Country
Germany
From - Until
22.09.2005 - 25.09.2005
By
Maria Hidvegi

Dem Panel unter Leitung von Harm G. Schröter (Universitetet i Bergen) ging es vor allem um drei Ziele:
1) wie ein kultureller Begriff in der Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte seine Wirkung entfaltet
2) Welchen Stand die historische Forschung zur Amerikanisierung der europäischen Wirtschaft erreicht hat und
3) Akzeptanz des eingeführten Vorschlages unter Nicht-Wirtschaftshistorikern zu testen

Harm Schröter selbst referierte einleitend über Economic culture and ist transfer: Americanization and European enterprise, 1900-2005
Mit Hilfe des kulturellen Konzepts „Amerikanisierung“ (im Sinne von selektiertem und adoptiertem Transfer von Werten, Institutionen, Technologien etc. in der Wirtschaft von den USA) zielte der Vortrag außer auf die Beschreibung der Transferprozesse auch auf ihre Hintergründe und die zeitliche Verankerung ab. Die Amerikanisierung der (west)europäischen Wirtschaft erfolgte in drei Wellen 1920-1929, 1947-1970 und von 1985 bis heute. Die drei Voraussetzungen der Amerikanisierung waren jeweils erstens die allgemeine wirtschaftliche Überlegenheit der Vereinigten Staaten mit einer parallelen politischen, militärischen, technologischen und finanziellen Überlegenheit (in den 1980er Jahren wandte sich Europa nach Japan, um Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung zu bekommen!) und zweitens eine grundsätzliche Ähnlichkeit der Werte auf beiden Seiten des Atlantik. Drittens war es die freiwillige Art der Übernahme von Werten, Normen, Institutionen etc., d. h. Europäer (privatwirtschaftliche wie staatliche Akteure) wollten Lösungen und Technologien erlernen, um ihre Wirtschaften effizienter zu machen. Die Amerikanisierung beruhte auf den folgenden Grundwerten: 1) dem Primat der Wirtschaft sowohl in der Gesellschaft als auch im Leben der Individuen, 2) dem Glauben an den Wettbewerb, 3) der Kommerzialisierung der menschlichen Beziehungen und 4) der amerikanischen Art des Individualismus, d. h. der persönlichen Wahl zwischen den Komponenten eines hohen Lebensstandards. Die wirtschaftlichen Werte haben sich grundsätzlich verändert, diese Wandlungen waren aber nicht irreversibel (So haben die USA in den 1930er Jahren Prinzipien der wirtschaftlichen Kooperation von Europa übernommen). Zwei Regeln konnten herausgestellt werden: 1) wenn die Märkte liberalisiert sind, gibt es mehr Amerikanisierung und vice versa. 2) In Phasen der schrumpfenden Liberalisierung, z. B. während der Weltwirtschaftskrise oder der Ölkrise hörte die Amerikanisierung auf oder es fand ein Prozess in entgegensetzter Richtung statt. Die Forschungen über die Amerikanisierung machen zwei Aspekte klar: Erstens, dass wir heute unter massiven Einfluss amerikanischer Werte leben, die oft unhinterfragt akzeptiert und für vorgegeben gehalten werden. Zweitens: woran heute geglaubt wird, wird morgen schon im Wandel sein.

Susanne Hilger (Universität Düsseldorf) trug über „Globalisierung durch Amerikanisierung? – Zum Einfluss amerikanischer Unternehmen auf die Internationalisierung der deutschen Industrie seit dem Zweiten Weltkrieg” vor.
Das starke Forschungs- und Technologiepotenzial, ein hochgradig effizient arbeitendes industrielles Management und das weltweite Expansionsstreben machten die USA zum weltweiten Globalisierungsvorbild. Dies zeigte sich auf den europäischen Märkten bereits seit den ausgehenden 1950er Jahren, wo sich eine Vielzahl US-amerikanischer Anbieter stärker als je zuvor mit Direktinvestitionen engagierte. Der Vortrag hat sich mit den Einflüssen US-amerikanischer Unternehmen auf die Globalisierung der deutschen Industrie nach dem Zweiten Weltkrieg befasst. Im Mittelpunkt der Darstellung stand die Frage, wie und auf welche Weise amerikanisches Management-Know-how und ein „amerikanisiertes“ Wettbewerbsdenken (absolutes Profitdenken, Denken in globalen Maßstäben, in großen Unternehmenseinheiten sowie in Marktanteil und Absatz, agressive Produkt-, Preis- und Absatzpolitik) in deutschen Unternehmen Einzug hielt und mit welchem Ergebnis es rezipiert wurde. Die Vermittler des Transfers waren die business schools, die Konsultationsagenturen wie Boston Consulting Group und die transnationale Partnerschaften. Das anfangs zögernd adaptierte management know how umfasste die Produktion, die Unternehmensorganisation, die Buchhaltung, das persönliche Management und das Marketing sowie die Kommunikation. Als Motor der Amerikanisierung diente der Wille deutscher Unternehmer, nicht nur mit der amerikanischen Wirtschaft konkurrieren zu können, sondern auch den Herausforderungen der sich globalisierenden Weltwirtschaft nachkommen zu können. Es wurde festgestellt, dass trotz der anfangs scheinbar unkompatiblen deutschen Management-Methoden die Amerikanisierung den deutschen Firmen zur Entwicklung neuer Strategien und zur globalen Wettbewerbsfähigkeit verhalf.

Pierre Lanthier (Université du Québec à Trois-Rivières) sprach anschließend über Investing in Electrical Manufacturing in France from 1945 to 1955: Reinforcing or Americanizing the existing Structures?
Der amerikanische Einfluss war schon vor dem Ersten Weltkrieg in Frankreich präsent. Die 1945-1955 in die französische Elektromaschinenindustrie investierten ca. 20 Milliarden Francs waren aber nicht nur für die, nach fünfzehn Jahren ökonomischer Krise und Krieg nötige Modernisierung gedacht, sondern für die Übernahme von Prozessen und Technologien aus den Vereinigten Staaten. Dies war der Beginn eines neuen Zeitalters in der Amerikanisierung der französischen Elekromaschinenindustrie: ein von der französischen Seite massiv geförderter Lernprozess (so hat die verstaatlichte Eléctricité de France den Unternehmen stark empfohlen, von Amerika zu lernen). Repräsentanten der französischen Elektromaschinenindustrie haben sich aber damals im Rahmen der von den Vereinigten Staaten ins Leben gerufenen Produktivitätsmissionen eher auf das technologische Nachholen konzentriert und hatten nicht vor, die amerikanischen Werte und Normen zu übernehmen.
In den 1960er und 1970-er Jahren dagegen wurde eine Amerikanisierung im Sinne von Adaptierung der Management-Methoden und des Verhaltens sogar vom Frankreich selbst initieiert: Die Reorganisation der französischen Industrie erfolgte durch die Einbeziehung amerikanischer Erfahrungen. Französische Wirtschaftsakteure waren nicht grundsätzlich gegen amerikanische Methoden und Techniken eingestellt, aber sie haben sie stets den französischen Verhältnissen angepasst. Die einst von den Amerikanern initierte Amerikanisierung wurde immer mehr eine von den Europäern generierte Einstellung. Der Vortragende hat schließlich die Frage gestellt, ob man unter diesen Umständen überrascht sein sollte, dass die heutigen, oft als neue Formen der Amerikanisierung bezeichneten Globalisierungspolitiken in Europa in der Realität für die Europäisierung der nationalen Wirtschaften eingesetzt werden?
Till Geiger (University of Manchester) referierte schließlich über Americanization and defence industry.
Der Vortrag analysierte die Adaptierung amerikanischer Management Modelle und Produktionsmethoden sowie makroökonomischer Planung in der europäischen Verteidigungspolitik und Rüstungsindustrie. Nach dem Zweiten Weltkrieg glaubten Politiker und Sicherheitsexperten auf beiden Seiten des Atlantik, dass die westlichen Demokratien gegenüber den Diktaturen des Ostblocks deutlich unterlegen seien, weil sie weniger Ressourcen für nationale Verteidigung mobilisieren könnten. Von daher versuchten westliche Regierungen diese begrenzte Mobilisierungsmöglichkeit durch die Erhöhung der Produktivität der Rüstungsindustrie zu kompensieren. Allerdings haben die nationalen Verteidigungspolitiker in Europa der dazu nötigen Standardisierung der Rüstungssysteme, der gemeinsamen Forschungstätigkeit und Beschaffung Schranken gesetzt. Durch ihre Militärhilfepolitik hat die amerikanische Regierung versucht diese Widerstände zu überwinden. Der Vortrag besprach den geringen Erfolg von Produktivitätsmissionen (productivity missions) in der britischen Rüstungspolitik. Neben direkter Militärhilfe erhielt die britische Regierung auch Unterstützung für ihre nationale Beschaffungspolitik durch größere Offshore Procurement Aufträge und das Military Weapon Development Program. Trotz dieser großzügigen finanziellen Unterstützung übernahmen westeuropäische Regierungen nur im beschränkten Rahmen amerikanische Management-Modelle im Bereich der nationalen Sicherheit. Westeuropäische Regierungen maßen der Effizienz der Rüstungsproduktion eine geringere Bedeutung als der Aufrechterhaltung ihrer Unabhängigkeit und der heimischen Produktion bei. Obwohl die amerikanische Militärhilfepolitik darauf abzielte die internationale Kooperation im Verteidigungsbereich zu fördern, führte sie zur Stärkung der nationalen Rüstungsindustrien in Westeuropa. Trotzdem trug die amerikanische Militärhilfepolitik gemeinsam mit dem steigenden Kosten moderner Waffensysteme und dem technologischen Vorsprung der amerikanischen Rüstungsindustrie zum Entstehen neuer europäischen Formen der Rüstungskooperation bei: multinationale Konsortien, European Defence Procurement Policy etc.

In der abschließenden Diskussion wurde zuerst bemerkt, dass die in Größe, Kapital, knowledge etc. unleugbare Amerikanisierung, die auch andere Elemente wie den European Economic Armament Agency (Geiger), die Deregulation in der französischen Elektromaschinenindustrie (Lanthier) oder den deutschen Widerstand gegenüber amerikanischer Management Methoden (Hilger) mit eingeschlossen habe, überraschend gewesen sei. Zweitens wurde die Meinung geäußert, dass hinter den Wellen der Amerikanisierung die Rüstungsindustrie und Kriege zu entdecken seien, die zur Modernisierung der amerikanischen Wirtschaft immer wieder den nötigen finanziellen Hintergrund geliefert hätten. Till Geiger bezweifelt dies unter Hervorhebung der enormen amerikanischen Macht in wirtschaftlicher sowie in militärischer Hinsicht, die sich zu jeder Zeit auch in der quasi amerikanischen Trägerschaft des NATO-Budgets widerspiegelt. Es wurden mehrere Modelle der Modernisierung besprochen, wie Wettbewerbskapitalismus, Planwirtschaft, kooperativer Kapitalismus, Wellen der Adaptierung von Wirtschaftsmodellen deutscher und japanischer Art von den Vereinigten Staaten in den 1930-er sowie 1980-er Jahren. Rückgreifend auf die Darstellung von Pierre Lanthier (aktiver, selektiver Prozess der Amerikanisierung) und Harm Schröter (keine technologische Adaptation ohne die Übernahme von Werten) erhob sich die Frage, ob es unterschiedliche europäische Wege der Amerikanisierung gab und gibt. Herr Lanthier antwortete, dass im Bereich der Produktivitätsmissionen keine erheblichen Unterschiede festzustellen wären, und Amerikanisierung nicht als eine einfache Rezeption verstanden werden sollte, sondern der sich wandelnde Kontext in Betracht gezogen werden soll: 1914 hat Amerikanisierung etwas anderes als heutet bedeutet, Ideen wurden empfohlen die zu unerwarteten Ergebnissen, einem neuen Regelsystem führten.

Contact (announcement)

Katja Naumann
Universität Leipzig
Zentrum für Höhere Studien
Emil-Fuchs-Str. 1
04105 Leipzig
knaumann@uni-leipzig.de

www.uni-leipzig.de/zhs/ekwg
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Published on
06.01.2006
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