Conference in World History: The Role and Function of the Global City

Conference in World History: The Role and Function of the Global City

Organisatoren
Universität Innsbruck; Universität New Orleans
Ort
Innsbruck
Land
Austria
Vom - Bis
03.11.2011 - 04.11.2011
Url der Konferenzwebsite
Von
Philipp Strobl, Wirtschaftsuniversität Bratislava/Universität Innsbruck

Am 3. und 4. November 2011 trafen sich Wissenschaftler/innen aus den USA und Europa zu einer gemeinsamen Konferenz der Universitäten von New Orleans und Innsbruck. Ziel dieses Zusammentreffens war es, die Rolle der Stadt im Prozess der Globalisierung zu diskutieren. Die Stadt wurde dabei als Ort betrachtet, an dem Globalisierung besonders deutlich zur Geltung kommt, ein Ort, an dem „globale“ Phänomene wie der wirtschaftliche Austausch von Gütern und Dienstleistungen, Migration, kulturelle Kontakte und Mischungen, Kommunikation, technologische Entwicklungen und politische Konflikte besonders spürbar werden. Die Organisatoren erhofften sich einen aktiven Gedankenaustausch über die Stadt als „Tor zu einer globalisierten Welt“.

Mehrere Teilnehmer/innen aus verschieden Gegenden der Welt bereicherten die Diskussion mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen aus verschiedenen Fachrichtungen. Der Fokus der meisten Teilnehmer war auf Städte in Entwicklungsländern gerichtet. Mit dieser Ausrichtung versuchten die Organisatoren die Diskussion über den „Tellerrand der eigenen Entwicklungen“ hinaus auch auf zukünftige globale „Hot Spots“ zu lenken.

Die Eröffnungseinheit stand ganz im Zeichen der langjährigen Partnerschaft zwischen den Universitäten Innsbruck und New Orleans. Innsbrucks Interimsrektor Tilman Märk, Margret Davidson, die Direktorin des American Corners an der Universität Innsbruck, sowie Günter Bischof, der Leiter des Center Austria an der Universität New Orleans, lobten in ihren Eröffnungsreden die gut funktionierende Partnerschaft sowie den regen wissenschaftlichen und studentischen Austausch zwischen den beiden Universitäten.

Eine wissenschaftliche Einführung in die Thematik bot der Vortrag von FRANZ MATHIS (Innsbruck). In seiner Keynote betonte er die Bedeutung von Städten für die ökonomische und kulturelle Entwicklung. In einer drei Städte umfassenden Fallstudie zeichnete Mathis das Bild von Städten als Motoren des Prozesses der Modernisierung und legte somit den thematischen Grundstein für die weitere Konferenz.

Der erste Themenblock wurde von Andreas Exenberger moderiert und bot theoretische Betrachtungen des Phänomens der Globalisierung in Städten. JAMES MOKHIBER (New Orleans) stellte in seinem Vortrag die Rolle der Stadt als Unterrichtskonzept im US-amerikanischen Globalgeschichte-Unterricht (World History, Western Civilization) dar. Als nächster Sprecher war ROBERT MUSIL (Wien) geplant. Musil konnte krankheitsbedingt allerdings nicht an der Konferenz teilnehmen. Auszüge aus seiner Präsentation wurden von Andreas Exenberger anhand Musils PowerPoint-Folien dargestellt.

Ullrich Pallua (Innsbruck) moderierte den zweiten Themenblock. Dieser beschäftigte sich mit frühen Städten von „globaler“ Bedeutung. BRIGITTE TRUSCHNEGG (Innsbruck) konzentrierte sich auf antike Städte von Weltrang. Sie beschrieb die „globale“ Bedeutung von Städten wie Athen, Rom und Alexandria, deren Beziehung zwar nicht in die ganze Welt reichten, zum damaligen Zeitpunkt allerdings als global verstanden werden konnte, da sie Verbindungen zur ganzen damals bekannten Welt aufwiesen und vor allem Austrahlung und Vorbildwirkung entfalteten. Truschnegg plädierte daher dafür, diese Städte auch als „global cities“ zu verstehen. MALTE FUHRMANN (Istanbul) befasste sich mit der langen und ereignisreichen Geschichte Istanbuls. In seinem Vortrag untersuchte er zunächst die Geschichte der Stadt auf globale Elemente und gab schließlich einen aufschlussreichen Überblick über den Umgang der Stadt heute mit ihrem historischen interkulturellen Erbe. Dabei wurde ersichtlich, dass nur bestimmte zeitliche Epochen besondere Aufmerksamkeit erhalten, während auf andere weniger intensiv eingegangen wird.

Die dritte thematische Einheit war Global Cities im 19. Jahrhundert gewidmet und wurde von Christina Antenhofer (Innsbruck) moderiert. ERIC GILBERT (Jonesboro) referierte über die Stadt Sansibar im Indischen Ozean und deren vormalige Bedeutung als Handelsmetropole. Im Zuge der Präsentation bekamen die Zuhörer interessante Einblicke in die Auswirkungen des Welthandel des 19. Jahrhunderts auf ein ehemals kleines afrikanisches Fischerdorf. So entstanden moderne Bauten, Eisenbahnen und die Elektrifizierung in Sansibar dank des Handelsbooms bereits sehr früh, letztere teilweise sogar noch vor der entsprechenden Entwicklung in vielen europäischen Metropolen. KATJA SCHMIDTPOTT (Marburg) entführte das Publikum anschließend an ein anderes Ende dieses ozeanischen Raums. In ihrem Vortrag berichtete sie über ausländische Arbeitermigration nach Japan, das Integrationsverhalten chinesischer Immigranten und die Aufnahme ausländischer Personen in die Japanische Gesellschaft. Es wurde dabei festgestellt, dass es hier wenig Vermischung unter den einzelnen Volksgruppen gab und dass ein interkultureller Austausch lediglich in begrenztem Ausmaß stattfand.

Die historischen Hallen der Innsbrucker Claudiana waren Treffpunkt für das Abendprogramm der Konferenz. Hier fand eine Präsentation der aktuellen Ausgabe der Contemporary Austrian Studies (Volume XX – „Global Austria“) statt. GÜNTER BISCHOF (New Orleans), ERIC FREY (Wien), BIRGIT HOLZNER (Innsbruck), ANDREAS EXENBERGER (Innsbruck) sowie ALEXANDER SMITH (Innsbruck/New Orleans) präsentierten dabei die aktuelle Ausgabe des Bandes sowie ihre Beiträge dazu.

Der zweite Tag der Konferenz begann mit einer Einheit zum Thema Stadtgeschichte. Diese wurde von Philipp Strobl (Bratislava) moderiert. ROBERT DUPONT (New Orleans) gab dabei einen umfangreichen Einblick in die bewegte globale Vergangenheit New Orleans'. In Duponts Vortrag wurde besonders eindrücklich dargestellt, wie sehr die ehemals stark globalisierte Hafenstadt New Orleans vom internationalen Handelsgeschehen abhängig war. Dupont verwendete einen Teil seiner Zeit allerdings auch für einen Überblick über einige gängige „global city/world city“-Definitionen.

Im Graduierten-Forum, der nächsten Einheit der Konferenz, gaben ANDREAS DIBIASI (Innsbruck), BEATE LÖFFLER (Dresden) und MANFRED KOHLER (Brüssel) interessante Einblicke in ihre Forschungsarbeit. Thematisch spannten sie dabei einen Bogen vom Napoleonischen Toulouse („The Reach of the Continental Blockade“, Andreas Dibiasi), über die „globale“ Geschichte Tokios („Designing a Global City: Tokyo“, Beate Löffler), bis hin zur geplanten Rolle europäischer Städte laut den Vorstellungen des Europäischen Städtebundes („The Role of Cities in the European Union and in a Globalized World“, Manfred Kohler).

Günter Bischof (New Orleans) moderierte schließlich die zeitgenössische Einheit. In diesem Themenblock gab MATHILDE LEDUC-GRIMALDI (Tervuren) einen Einblick in das globalisierte System afrikanischer Straßenhändler in Venedig. Leduc-Grimaldi konnte dem Publikum viele globale Komponenten an diesem Geschäft aufzeigen. In ihrem Vortrag zeigte sie, wie afrikanische Verkäufer in der Regel asiatische Waren in einer italienischen Stadt einem vorwiegend internationalen Touristenpublikum anbieten, aber auch wie die Stadt mit diesem Phänomen umgeht. TOBIAS TÖPFER (Innsbruck) lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums zuletzt auf die brasilianische Megacity São Paulo. In seinem Vortrag brachte er das Phänomen der Mega City, mit allen damit verbundenen Problemen (Slumbildung, Schwierigkeit der Verwaltung, etc.) zur Sprache und regte damit eine Diskussion zum Thema Megacity vs. Global City an.

Die Konferenz endete mit einer zusammenfassenden Podiumsdiskussion. Günter Bischof (New Orleans), Katja Schmidtpott (Marburg), James Mokhiber (New Orleans), Franz Mathis (Innsbruck) sowie Malte Fuhrmann (Istanbul) ließen die beiden vergangenen Tage Revue passieren. Sehr häufig wurde dabei die Frage nach der Definition des „Globalen“ gestellt – die Frage, was eine Stadt zur Global City macht. Als besonders bedeutender, aber auch nicht ganz unproblematischer Faktor wurde das Schlagwort „Multiethnizität“ genannt. Wie die Fallstudien der Konferenz jedoch zeigten, spielt Interkulturalität und Multiethnizität nicht in allen anerkannten Weltstädten eine große Rolle. Katja Schmidtpott zeigte beispielsweise, dass die als eine der führenden Global Cities akzeptierte japanische Hauptstadt Tokio hinsichtlich dieser Bereiche keineswegs als globale Stadt betrachtet werden kann. James Mokhiber gab zu Bedenken, dass eine mögliche Definition immer von der wissenschaftlichen Herangehensweise abhängen müsse, außerdem sei nicht klar, wie Globalität zu messen sei (Anzahl der Museen, Flugzeugstarts- und Landungen, etc.). Franz Mathis ging noch einmal auf die Unterschiede zwischen einer Megacity und einer Global City ein. Die einen stellten einfach nur große Städte dar, während die anderen globale Bedeutung durch Kontakte in alle Welt erreichen könnten. Dementsprechend wuchsen beide Arten von Städten aus unterschiedlichen Gründen. Bei Megacities trage hauptsächlich das Umland zum Wachstum bei. Hierhin unterhalte dieser Typ Stadt auch die meisten Kontakte. Entwicklung in Global Cities hingegen geschehe aufgrund globaler Verflechtung mit anderen weit entfernten Regionen durch Handel sowie die Aktivität Transnationaler Unternehmen. Malte Fuhrmann bezog sich auf Fernand Braudel, als er feststellte, dass man die Verbindungen von Städten zum Weltsystem untersuchen müsse, um die globale Bedeutung einer Stadt zu verstehen. Fuhrmann schlug folglich vor, die Verbindung einer Stadt zu einem weltumspannenden Markt als möglichen Messpunkt zu verstehen, um so die innerstädtischen Veränderungen zu untersuchen, die aus dieser Verbindung resultierten.

Die Diskussion kam damit an einen vorläufigen Schlusspunkt. Die Erträge der Tagung werden 2012 in einem Tagungsband gesammelt, der auch die gegenseitigen Anregungen in einer konstruktiven, interdisziplinären Umgebung nochmals verarbeiten und aufnehmen wird und der damit einen Beitrag leisten wird, das Phänomen der „global city“ angemessen in den Geschichtswissenschaften zu verorten und in seiner gebührenden Breite zu erfassen.

Den Tagungsteilnehmer/innen gelang es, innerhalb von zwei Tagen ein breites Themenfeld in der Globalisierungsforschung zu behandeln. Das Phänomen der Globalisierung wurde dabei mit verschiedenen theoretischen Zugängen, sowie über einen weiten Zeitraum (Antike bis heute) betrachtet. So konnte man sich ein Bild davon machen, wie das Zusammenwachsen der Welt an verschiedenen Orten und zu den unterschiedlichsten Zeiten von statten ging. Dies half zweifelsohne, das Verständnis für diesen Prozess zu erweitern. Auf der Tagung wurde allerdings auch das Problem der Definition des Begriffes Globalisierung deutlich.

Konferenzübersicht:

Eröffnungseinheit
Moderation: Andreas Exenberger

Tilman Märk, Interimsrektor der Universität Innsbruck, Margaret Davidson, Direktorin des American Corner an der Universität Innsbruck, Günter Bischof, Direktor des Center Austria an der Universität von New Orleans, Andreas Exenberger, Organisator der Konferenz

Keynote: Franz Mathis (Innsbruck): No Industrialization without Urbanization. The Role of Cities in Modern Economic Development

Einheit 1: Foundations of A Global City
Moderation: Andreas Exenberger

Jim Mokhiber (New Orleans): Locating and Teaching Cities in the "New" World History: Perspectives from the U.S. after the Fall of "Western Civilization"

Robert Musil (Wien): Vienna - A Gateway between East and West: Internationalization along Historic Pathways

Einheit 2: Views from History
Moderation: Ulrich Pallua

Brigitte Truschnegg (Innsbruck): Ancient Cities: Global Cities or Centers of the World? One Phenomenon - Two Perspectives

Malte Fuhrmann (Istanbul): When the Conquering Sultan Appears in the Metro and Byzantium Sabotages the Railway Station: Istanbul’s Pasts and their Roles in the Present

Einheit 3: 19th Century Perspectives
Moderation: Christina Antenhofer

Erik Gilbert (Jonesboro): Zanzibar: Imperialism and a Nineteenth Century Indian Ocean Boom Town

Katja Schmidtpott (Marburg): The Globalization of Labour in East Asia: The Japanese Treaty Port of Yokohama and Its Chinese Community

Buchpräsentation: "Global Austria"
Moderation: Günter Bischof

"Global Austria", Vol. XX of Contemporary Austrian Studies, und Feier des 20. Geburtstags der Reihe

Birgit Holzner, Eric Frey, Andreas Exenberger, Alexander Smith

Einheit 4: City History
Moderation: Philipp Strobl

Robert Dupont (New Orleans): New Orleans as a Global City: Contemporary Assessment and Past Glory

Einheit 5: Graduierten-Forum
Moderation: Philipp Strobl

Andreas Dibiasi (Innsbruck): The Reach of the Continental Blockade: The Case of Toulouse

Beate Löffler (Dresden): Designing a Global City: Tokyo

Manfred Kohler (Brüssel): The Role of Cities in the European Union and in a Globalized World

Einheit 6: Contemporary Global Cities
Moderation: Günter Bischof

Mathilde Leduc-Grimaldi (Tervuren): Tide of Times in the Post-Colonial Era: Tourists, Venetians and Street Vendors in the Doge City

Tobias Töpfer (Innsbruck): São Paulo: big, bigger, global? The Development of a Megacity in the Global South

Concluding Round Table Talk
Chair: Günter Bischof

Malte Fuhrmann, Franz Mathis, Jim Mokhiber, Katja Schmidtpott


Redaktion
Veröffentlicht am
12.12.2011
Beiträger