Mit einem ersten Workshop als Auftaktveranstaltung gründete sich im März 2013 das fachwissenschaftliche „Netzwerk Internationale Geschichte“ (NIG). Als Grundlage hat sich das NIG folgendes Konzept gegeben: „Die Internationale Geschichte ist in Bewegung. Seit geraumer Zeit nimmt das Interesse an den internationalen Dimensionen historischer Prozesse auch in der deutschsprachigen Forschung stetig zu, und ein Ende ist nicht abzusehen. So wird unter dem Begriff der Internationalen Geschichte längst nicht mehr nur die Geschichte der Internationalen Beziehungen, der Außenpolitik und der Diplomatie in einer sowohl klassisch bewährten wie kulturhistorisch erweiterten Variante verstanden. Vielmehr lassen sich diesem Feld ebenso zahlreiche Untersuchungen zu grenzüberschreitenden Verflechtungen und wechselseitigen Perzeptionen, kulturellen Transfers und Migrationen zurechnen wie zur systemischen Eigenlogik der Staatenwelt oder der Dynamik von transnationalen Märkten, Netzwerken und Öffentlichkeiten zwischen lokalen, nationalen und globalen Einheiten. Um den Prozess der wissenschaftlichen Diversifikation in den letzten beiden Dekaden besser zu verstehen und zugleich die damit einhergehende, außerordentliche Vielfalt der Ansätze, Methoden und Zugriffe zu reflektieren, hat sich ein loser Verbund von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammengefunden.“
Das NIG versteht sich als offenes Forum und institutioneller Rahmen, um den innerfachlichen Austausch über Internationale Geschichte zu verbessern. Dabei richtet sich das Netzwerk nicht nur an Historikerinnen und Historiker, sondern auch an historisch arbeitende Angehörige anderer Fachrichtungen, die sich für Internationale Geschichte interessieren.
Zu Beginn des Workshops begrüßten die Tagungsorganisatoren Dominik Geppert und Joachim Scholtyseck (beide Bonn) die Anwesenden im Namen der Initiatoren des Netzwerks und zeigten sich sehr erfreut über die mit über 60 Teilnehmenden große Resonanz. In ihrer Einführung wiesen sie darauf hin, dass diese erste Tagung des NIG zu den Grundlinien international orientierter Geschichtsschreibung in der deutschsprachigen Forschung inhaltlich und methodisch bewusst breit angelegt wurde, um verschiedene Strömungen, Ansätze und Schwerpunkte epochenübergreifend zusammenzubringen.
Die I. Sektion leitete REINHILD KREIS (Augsburg) mit ihrem Vortrag über die auswärtige Kulturpolitik der Amerikahäuser in der Bundesrepublik in den 1960er- bis 1980er-Jahren als transnationale Schnittstelle ein. Amerikahäuser bzw. später auch Deutsch-Amerikanische Institute dienten nach Kreis zunehmend weniger als Agenturen des Atlantischen Bündnisses wie in den 1950er-Jahren, sondern mehr als lokale Mittler im deutsch-amerikanischen Verhältnis und bei Differenzen auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene zwischen den Staaten und ihren Gesellschaften. Somit böten sie einen Forschungsgegenstand, der internationale Beziehungen jenseits der diplomatischen Ebene sichtbar mache. Dabei erwies sich für Kreis eine gemischte Herangehensweise über Strukturen/Zielvorgaben/Instrumentarien, über Themenkonjunkturen und über die lokale Umsetzung in personellen und institutionellen Beziehungsgefügen als besonders ertragreich bei der Analyse der transnationalen Beziehungen zwischen USA und Bundesrepublik.
EMMANUEL DROIT (Rennes/Nantes) trug über die kommunistischen Sicherheitsorgane Polens und Ostdeutschlands als Forschungsobjekt einer Internationalen Geschichte vor. Hierbei betonte er den transnationalen Charakter der osteuropäischen Geheimpolizeien in den Jahren 1944 bis 1991, die nicht nur offiziell durch die Ideologie des „proletarischen Internationalismus“ verbunden gewesen seien, sondern in der Gemeinsamkeit als sowjetisches Exportprodukt auch auf verschiedenen Ebenen gegenseitigen Austausch gepflegt hätten. Als theoretischer Forschungsansatz diente Droit eine Verbindung aus französischer Socio-Histoire du Politique und der transnationalen bzw. verflochtenen Geschichte der an diesen Kontakten beteiligten Geheimoffiziere und Institutionen. Schwerpunkte seiner Analyse waren erstens die Überwindung der nationalen historiographischen Abschottungen durch eine internationale Geschichte, zweitens die Frage nach internationalen Denkmustern nationaler Geheimpolizeien und drittens die Rekonstruktion internationaler Geschichte als Interaktion von in verschiedenen nationalen Kulturen verankerten Akteuren.
ANDREAS JÜNGLING (Köln/Bonn) trug über das Potential der Erforschung von Gewerkschaftspolitik als Form alternativer Außenpolitik vor. Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) in der DDR habe zahlreiche Auslandskontakte gepflegt und sei daher ein wichtiges Puzzleteil in der DDR-Diplomatie gewesen. Jüngling demonstrierte, dass sich anhand der gewerkschaftlichen Spanienpolitik ein systematischer Entwicklungsprozess in der Akteursstruktur der DDR-Außenpolitik nachzeichnen ließe. So seien die Jahre 1960 bis 1973/75 ein Zeitraum gewesen, in dem sich der Kreis der außenpolitischen Akteure um transnational agierende Massenorganisationen wie den FDGB erweitert hätte, um die internationale Verbreitung des Sozialismus aktiv zu fördern. Der FDGB habe dabei als „außenpolitische Verbindungsgruppe“ (Werner Link) fungiert. Als informatorische wie aktionsorientierte Schleuse bereitete er durch in- und auswärtige Presse- und Kampagnenarbeit politische Entscheidungen vor, half, gesellschaftliche Loyalitäten zu konstruieren, stellte Informationskanäle für staatliche und gesellschaftliche Institutionen her und wirkte als Drehtür-Institution in Beratungs- und Entscheidungsgremien.
Die II. Sektion begann GUIDO BRAUN (Bonn) mit einer perzeptionsgeschichtlichen Analyse der Wahrnehmung des Heiligen Römischen Reiches durch die römische Kurie unter Urban VIII. Als zentrale Quelle stellte Braun die über 1000-seitigen Handschriften des von 1621 bis 1628 amtierenden Kaiserhof-Nuntius Carlo Carafa vor, die dieser von 1627 bis 1629 über die jüngere Geschichte des Reiches und seiner politischen Strukturen verfasst hatte. In einer Quellenkritik ordnete Braun den Verfasser anhand seines Werdegangs und der damit verbundenen mentalen Prägung in seine Zeit ein. Dies wurde durch die Analyse von Carafas Wahrnehmung des Kurfürstenrats beispielhaft vertieft. Hierbei konnte Braun nachzeichnen, dass Carafas Darstellung nicht nur kurialen Denkmustern entsprach, sondern auch in einem europäischen Diskurszusammenhang eingebettet gewesen sei. Für eine weitere perzeptionsgeschichtliche Untersuchung schlug Braun deshalb vor, die Wahrnehmung des Reiches in den frühneuzeitlichen Ländern Europas als Teilsegment eines übergeordneten, vielleicht europäischen Diskurses, der in seinen konkreten Ausformungen das Ergebnis transnationaler Transferprozesse darstelle, zu erforschen.
PETER HOERES (Gießen/Mainz) hob in seinem Vortrag die Bedeutung der „Mediengeschichte des Politischen“ für die Internationale Geschichte hervor, welche die Öffentlichkeit nicht mehr nur als Begleiter oder Addendum, sondern als Raum des Politischen verstehe, in dem wesentliche Teile auch der internationalen Politik ausgehandelt würden. Dies demonstrierte Hoeres anhand einer Analyse des ab 1973 in den deutschen Medien ausgetragenen Diskurses über die amerikanische Vietnampolitik und der Wahrnehmung dieser Mediendebatte in amerikanischen Medien und Regierungsquellen. Auf diese amerikanische Rezeption sei wiederum eine deutsche Rezeption gefolgt. So sei eine „mediale transnationale Beobachtungsspirale“ entstanden, die den Eindruck eines grassierenden Antiamerikanismus verstärkt habe, während mäßigende Stimmen kaum wahrgenommen worden seien. Doch auch wenn es „transnationale Akteure par excellence“ wie die Auslandskorrespondenten und „benachbarte, verbundene Marktplätze der öffentlichen Meinung“ gegeben habe, resümierte Hoeres, sei weiterhin der primäre Bezugsrahmen für Politik, Medien und Bevölkerung der jeweilige Nationalstaat geblieben, sodass man in den 1970er-Jahren eher von einer „Dialektik zwischen nationalen und transnationalen Öffentlichkeiten denn von einer fixierten transatlantischen Öffentlichkeit“ auf einem gemeinsamen transnationalen Forum sprechen könne.
Den Abschluss dieser Sektion bildete der gemeinsame Vortrag von JESSICA GIENOW-HECHT und CAROLIN FISCHER (beide Köln) zum Thema Nation Branding. Mit Nation Branding, so Gienow-Hecht, sei der Versuch gemeint, Staaten anhand korporativer Prägungsmethoden und bestimmter Akzentuierung ihrer Eigenschaften ein vorteilhafteres internationales Image zum Zwecke der friedlichen Steigerung von Einfluss, Wohlstand und Macht zu geben. Als Analysekonzept diene es zur Untersuchung der Konstruktion von Selbstbild und Beziehung anhand von Perzeption, Kommunikation und Aktion. Das aus der Marktwirtschaft stammende Nation Branding-Konzept könne dabei als Lösungsansatz zur Erfassung der Komplexität kultureller internationaler Beziehungen herangezogen werden und so einen Deutungshorizont im bisherigen Pluralismus verschiedener Forschungstrends innerhalb der Geschichte der Kulturbeziehungen und -diplomatie anbieten. Carolin Fischer wandte daraufhin das Nation Branding-Konzept auf das Fallbeispiel Spanien an. Dabei analysierte sie systematisch die Schaffung der „Marke Spanien“ unter dem Franco-Regime ab 1950. Durch die Prägung eines positiven Länderimages sei Spanien so der Weg aus der internationalen Isolation hin zu einem beliebten Tourismusland gelungen, was zu dem spanischen Wirtschaftswunder in den 1960er-Jahren geführt habe.
Die III. Sektion eröffnete VOLKER BARTH (Köln) zur Gründerphase der Weltnachrichtenordnung. Sein Fokus lag auf dem Spannungsverhältnis zwischen unterschiedlich strukturierten nationalen Einflussbereichen innerhalb eines internationalen Kommunikationsnetzwerkes am Beispiel der das internationale Nachrichtenwesen beherrschenden Nachrichtenagenturen (französische Havas von 1835, US-amerikanische Associated Press von 1848, preußisches Wolffs Telegraphisches Bureau von 1849, britische Reuters von 1851). Diese teilten sich von 1859 bis 1934 die Welt in drei geografisch definierte Nachrichtenmonopole auf. Nachrichtenagenturen seien international agierende Unternehmen gewesen, die jedoch auch Abhängigkeitsverhältnissen innerhalb ungleicher Machtbeziehungen im Rahmen sowohl nationalstaatlicher wie imperialer Konkurrenz- und Kooperationssysteme unterlagen. Dies ermögliche eine kritische Hinterfragung des Begriffs „international“ und die Erforschung des Zustandekommens einer zunächst genuin westlich geprägten Wissensordnung. Methodisch sei zu bedenken, dass ökonomische und politische Zwänge der Agenturen zu neuen Kulturtechniken führten. So seien kommerziell motivierte Definitionen, Auswahlkriterien und Objektivitätsstandards für Nachrichten entstanden.
ALEXANDER REINFELDT (Hamburg) stellte die Möglichkeiten und Grenzen von Europäisierungs- bzw. Sozialisationsansätzen für eine Internationale Geschichte am Beispiel eines Forschungsprojektes zur Untersuchung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) in den Europäischen Gemeinschaften der 1970er-Jahre vor. Dabei erweise sich vor allem ein integrierter Ansatz von Europäisierungs- und Sozialisationskonzepten wie in der neueren politikwissenschaftlichen Forschung als hilfreich zur Erklärung von historischen Sozialisationseffekten auf individueller (etwa der Einstellungswandel von Mitarbeitern in supranationalen Organisationen) wie auf kollektiver Ebene (etwa der Prozess der Übernahme internationaler Normen durch Staaten). Während die Politikwissenschaft diesen Ansatz bisher vorwiegend auf supranationale Prozesse angewendet habe, könne die Internationale Geschichte von einer erweiterten Anwendung dieses Ansatzes auf die Erforschung intergouvernementaler Politikbereiche wie der transgouvernementalen Außenpolitik, das heißt der Interaktion außenpolitischer Akteure unterschiedlicher Nationalität, im Rahmen der EPZ profitieren.
Die IV. Sektion begann mit dem Vortrag von EVA BISCHOFF (Trier), der methodische Überlegungen zum Verfassen von Globalgeschichte mit Methoden der Mikrogeschichte vorstellte. Als Leitgedanken dienten dabei die Konstruktion des Lokalen im Globalen bzw. des Globalen im Lokalen und die Problematik der Darstellung dieser Komplexität. Mit Verweis auf Patrick O’Brien konstatierte Bischoff, dass Globalgeschichte erstens Verbindungen rekonstruieren solle und zweitens Gemeinsamkeiten und Differenzen durch den systematischen Vergleich verschiedener geographischer Regionen mit Blick auf ein bestimmtes historisches Phänomen herausarbeiten solle. Dabei seien eurozentrische Erzählmuster und Kategorien zu überwinden. Im Folgenden verband Bischoff die Mikrogeschichte der australischen Quäker mit der Globalgeschichte von Humanismus und Siedlerimperialismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf der Quellengrundlage eines Berichtes über einen Angriff tasmanischer Aborigines auf eine Siedlerfarm konzentrierte sich die tiefgehende Untersuchung auf die drei Aspekte Ort des Geschehens, verwendete Waffen und quellenkritische Hinterfragung der Perspektive des Berichterstatters.
BARBARA HAIDER-WILSON (Wien) sprach mit ihrem Vortrag zu Europa und Palästina über das Zusammentreffen von Orient und Okzident als „eines der Themen unserer Zeit auf der Agenda internationaler Geschichtsschreibung“. Im Zuge der aktuellen Forschungsansätze in der Internationalen Geschichte strebte sie eine Ergänzung der politischen Ebene mit gesellschaftsgeschichtlichen Zugängen („Jerusalem-Milieus“) und kulturgeschichtlichen Ansätzen unter Einbezug des Mittels des Vergleichs an. Als zukünftiges Forschungsprogramm schlug Haider-Wilson eine breiter angelegte zeitliche Kontextualisierung seit den mittelalterlichen Kreuzzügen, eine stärkere Einbeziehung der außereuropäischen Perspektive, eine vergleichende Zusammenschau über die europäischen Ambitionen auf das Heilige Land, die Nutzung einer breiteren Quellenbasis, die stärkere Untersuchung der arabischen Bevölkerung in Palästina, eine akteurszentrierte Analyse unter Einbezug des Faktors Religion, eine größere Berücksichtigung des Osmanischen Reichs sowie die Untersuchung von Bilderwelten und (nicht-)entsprechenden Realitäten vor.
Die Sektion beschloss STEFAN HÜBNER (Bremen) mit seinem Forschungsprojekt über die Asian Games und ihre Vorgänger 1913 bis 1974. Verstanden als Beitrag zur Globalgeschichte strebte Hübner neue Erkenntnisse über „westliche“ und asiatische Vorstellungen von „Zivilisation“, „Modernisierung“ und Identität sowie zur öffentlichen Inszenierung von sich verändernden Machtverhältnissen zwischen Asien und dem „Westen“ an. Aufgrund des nichtstaatlichen Charakters der Asian Games und ihrer Orientierung an einem breiten Publikum im In- und Ausland unterstrich Hübner seinen Ansatz der transnationalen Geschichte. Darüber hinaus sprach er sich für die Anwendung des Ansatzes der Multiplen Modernen aus, da Transfers von westlichen Normen und Werten (wie etwa der amerikanisch-protestantisch geprägten „muscular Christianity“) nach Asien zwar von Anfang an stattgefunden hätten, diese aber oft durch einen „Hybridisierungsprozess“ in den lokalen Kontext eingeordnet worden seien. So sei die Gründung des Vorläufers der Asian Games 1913 durch die Vorstellung einer angelsächsisch-protestantischen Zivilisierungsmission geprägt gewesen, während asiatische Akteure in der Zwischenkriegszeit zunehmend die Kontrolle übernommen hätten. Ab den 1960er-Jahren sei die Selbstinszenierung der gastgebenden autoritären Staaten in den Vordergrund getreten.
ANUSCHKA TISCHER (Würzburg) begann die letzte Sektion mit ihren methodischen Grundüberlegungen zur Erforschung internationaler Geschichte in der Frühen Neuzeit. Sie verwies darauf, dass die Frühe Neuzeit zwar als die Epoche wahrgenommen würde, in der sich die Mächtebeziehungen durch Kriege, Friedenskongresse, Völkerrecht und Diplomatie intensivierten, dass unsere analytischen Begriffe wie Staat, Nation, international oder transnational aber nicht die Begriffe dieser Zeit gewesen seien. Deshalb müsse die Terminologie der Internationalen Geschichte für die Frühe Neuzeit deutlich als Forschungsterminologie reflektiert werden, um nicht Gefahr zu laufen historische Prozesse und Phänomene mit gegenwärtigen sachlich gleich zu setzen. Dabei sei besonders ein Augenmerk auf institutionengeschichtliche Ansätze und auf anthropologische Sichtweisen mittels Kategorien wie „Eigenem“ und „Fremdem“ zu legen.
GREGOR FEINDT (Augsburg) beleuchtete Forschungsperspektiven für eine internationalisierte Geschichte von Opposition und Dissidenz in Ostmitteleuropa. Entgegen den Erkenntnissen bisheriger Studien sei es den Oppositionellen auf Basis eines liberalen Nationalismus um die konkrete Umsetzung ihrer Konzepte in ihrer eigenen Lebenswelt gegangen und nicht um einen grenzüberschreitenden konzeptionellen Austausch über die eigene Nation oder eine gegenseitige Rezeption über die Grenzen hinweg. Daneben betonte Feindt die transnationale Ideengeschichte des ausgehenden 20. Jahrhunderts als Verflechtung und Wechselwirkung zwischen Ost und West, was zukünftig auch für die Untersuchung von Zivilgesellschaft, Totalitarismus oder Menschenrechten von Nutzen sein könnte.
Die Tagung endete mit dem Vortrag von CLAUDIA KEMPER (Hamburg), die am Beispiel der 1980 gegründeten, über die Blockgrenzen hinweg agierenden Friedensorganisation „Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges“ nach der Formulierung einer international gültigen Idee von Frieden und deren Funktion als zivilgesellschaftliches Ideal unter der Rahmenbedingung des Kalten Krieges fragte. Im Fokus stand für Kemper dabei die Wechselwirkung von Internationalismus als Idee und der Internationalisierung als Prozess, wobei erstere als die relationale Kategorie zu verstehen sei. Dies veranschaulichte sie unter anderem anhand der öffentlichen Debatte um die Zuerkennung des Friedensnobelpreises im Jahre 1985 an die Friedensorganisation.
Den Anspruch einer inhaltlich wie methodisch breit aufgestellten Befassung mit Perspektiven der Internationalen Geschichte im deutschsprachigen Raum konnte dieser erste Workshop des NIG, nicht zuletzt durch das Zustandekommen zahlreicher Diskussionen grundsätzlicher und konstruktiver Natur über Methoden und theoretische Ansätze, erfüllen. Darüber hinaus fand ein Austausch über weitere Ziele und Zwecke des NIG und seiner zukünftigen institutionellen und organisatorischen Aufstellung statt. Hierbei kam man überein, sich bis zum nächsten Historikertag als Arbeitsgruppe unter dem Dach des Historikerverbandes zu organisieren. Bis dahin wird zur Kommunikation ein E-Mail-Verteiler am Lehrstuhl von Dominik Geppert am Institut für Geschichtswissenschaft in Bonn geführt. Alle am NIG Interessierten sind herzlich eingeladen, sich mit einer Mail an <igbonn@uni-bonn.de> zu registrieren. Die Planung für die nächste Tagung im Jahr 2015 hat bereits begonnen.
Konferenzübersicht:
Einführung: Dominik Geppert (Bonn), Joachim Scholtyseck (Bonn)
Sektion I: Der Staat und andere Akteure
Reinhild Kreis (Augsburg): Zwischen Staat und Gesellschaft, Diplomatie und Lokalgeschichte: Auswärtige Kulturpolitik als transnationale Schnittstelle.
Emmanuel Droit (Rennes/Nantes): Zur internationalen Geschichte der kommunistischen Sicherheitsorgane. Der Mehrwert der „Socio-Histoire“ und der „Histoire croisée“ für die Geschichte des Ostblocks.
Andreas Jüngling (Köln/Bonn): Gewerkschaftspolitik als alternative Außenpolitik. Die Beziehungen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds und der Comisiones Obreras im franquistischen Spanien (1960-1975).
Kommentar: Hermann Wentker (Berlin)
Sektion II: Wahrnehmungen, Perzeptionen, Bilder und Medien
Guido Braun (Bonn): Perzeptionen fremder Lebenswelten und politischer Strukturen als Aufgabe der Frühneuzeit-Forschung. Das Reich in der Wahrnehmung der römischen Kurie unter Urban VIII. (1623-1644).
Peter Hoeres (Gießen): Antiamerikanismus!? Beobachtungsspiralen in der transatlantischen Öffentlichkeit der 1970er Jahre.
Jessica Gienow-Hecht, Carolin Fischer (Köln): Was ist und wozu braucht man „Nation Branding“? Versuch eines neuen Zugriffs auf Macht und Kultur in den internationalen Beziehungen am Beispiel der spanischen Diktatur.
Kommentar: Philipp Gassert (Augsburg)
Plenum zur Diskussion über ein „Netzwerk Internationale Geschichte“
Sektion III: Die Formierung internationaler Räume und Identitäten
Volker Barth (Köln): Weltnachrichtenordnung: Strukturen und Bedingungen internationaler Kommunikation, 1859-1934
Alexander Reinfeldt (Hamburg): Europäisierung und Sozialisation als Analysekonzepte in der Internationalen Geschichte.
Kommentar: Julia Angster (Kassel)
Sektion IV: Dimensionen der Globalisierung
Eva Bischoff (Trier): Zwischen humanitärer Mission und Siedlerimperialismus: Alltag und Mission australischer Quäker in der anglophonen Welt (1830-1870).
Barbara Haider-Wilson (Wien): Europa und Palästina 1799-1917: Beispielfall einer Internationalen Geschichte.
Stefan Hübner (Bremen): Transnationale Geschichte, Multiple Modernen und Mega Events.
Kommentar: Guido Thiemeyer (Paris)
Sektion V: International – national – transnational?
Anuschka Tischer (Würzburg): Was ist eine internationale Geschichte, die nicht international ist? Methodische Grundüberlegungen zur Erforschung internationaler Geschichte der Frühen Neuzeit.
Gregor Feindt (Augsburg): Auf der Suche nach der Nation. Politisches Denken zur Nation in den Oppositionsbewegungen Ostmitteleuropas 1976-1989.
Claudia Kemper (Hamburg): Internationalismus und Frieden im Kalten Krieg. Zivilgesellschaftliches Ideal oder Aktionsraum für Experten?
Kommentar: Friedrich Kießling (Erlangen)
Abschlussdiskussion