Santé militaire, santé coloniale. Guerres, maladies et empires au long XIXe siècle

Santé militaire, santé coloniale. Guerres, maladies et empires au long XIXe siècle

Organizer
Roberto Zaugg (Sciences Po, Paris)
Venue
Service Historique de la Défense, Château de Vincennes, avenue de Paris, 93200 Vincennes. Pavillon du Roi, salle Virieu. Métro "Château de Vincennes" (ligne 1)
Location
Vincennes (Paris)
Country
France
From - Until
06.02.2015 -
Website
By
Roberto Zaugg

In überseeischen Schauplätzen sterben lange Zeit weit mehr europäische Militärs an Krankheiten als auf dem Schlachtfeld. Im 19. Jahrhundert zeichnet sich diesbezüglich eine Wende ab: Die imperiale Expansion europäischer Mächte in Asien und Afrika geht Hand in Hand mit tiefgreifenden medizingeschichtlichen Umbrüchen, die „die epidemiologische Beziehung zwischen Europa und dem Rest der Welt“ (Philip D. Curtin) radikal verändern. Die disziplinäre Herausbildung der Tropenmedizin ist dabei eng mit der Entwicklung militärischer Gesundheitsdienste verknüpft. Medizinisches Wissen und operative Sanitätsstrukturen stellen für die europäischen Streitkräfte zentrale Ressourcen dar: Sie ermöglichen in zunehmenden Masse ausgedehnte militärische Operationen in Übersee zu führen, eine wachsende Zahl von Soldaten, Siedlern und Verwaltern zu versorgen, sowie medizinische Dienstleistungen für die kolonisierten Bevölkerungen anzubieten. Medizin, Hygiene und westliche Körperkultur werden in praktischer Hinsicht als soziale Disziplinierungsinstrumente benutzt und auf ideologischer Ebene als Wege der „mission civilisatrice“ konzipiert.

Die Geschichte militärischer Sanitätsdienste in kolonialem Kontext als unilaterale Übertragung von in den Metropolen produziertem Wissen lesen zu wollen, würde allerdings zu kurz greifen. Denn dieses Wissen entsteht nicht nur in den Forschungslabors der Metropolen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch durch soziale Interaktionen in den Kolonien. In ihrer alltäglichen Arbeit sind Sanitätsoffiziere oft mit der Notwendigkeit konfrontiert, mit beschränkten infrastrukturellen, medizinischen und personalen Ressourcen Krankheiten bekämpfen zu müssen, die ihnen fremd und unverständlich sind. Inter-imperiale Kooperationsnetzwerke, Transfers zwischen europäischen und nicht-europäischen Akteuren und die (meist fragmentarische, aber nichtsdestotrotz signifikante) Aneignung von „indigenem“ therapeutischem Wissen spielen daher eine zentrale Rolle in der Konstituierung der kolonialen Medizin.

Der vom Centre d’histoire de Sciences Po (CHSP) in Zusammenarbeit mit dem Service historique de la Défense (SHD) organisierte internationale Workshop „Santé militaire, santé coloniale“ untersucht – anhand von Fallbeispielen aus den französischen, deutschen und niederländischen Kolonien in Afrika, Südostasien und der Karibik – die Entwicklung von tropenmedizinischen Forschungs- und Schulungsinstituten, die von Krieg, Kolonisierung und Migration katalysierte Wissenszirkulation, die Beziehungen zwischen kolonialer Zivilbevölkerung und militärischen Sanitätsdiensten, sowie inter-imperiale und transkulturelle Austauschprozesse im Bereich des medizinischen Wissens und der therapeutischen Praxis.

Programm

9h30 – 12h15

Jakob Vogel (Sciences Po, Paris): Introduction

Agnès Chablat-Beylot (Service historique de la Défense): Sources pour l’histoire des services sanitaires militaires conservées par le Service Historique de la Défense

Andrea Graf (Basel) et Roberto Zaugg (Sciences Po, Paris): Napoleonic wars and medical knowledge. Military physician Antonio Savaresi in Egypt, the Caribbean and Italy

Pierre Nobi (Sciences Po, Paris): Adapting and appropriating health practices. The health services of the Saint-Domingue expedition facing yellow fever (1802-1803)

François Regourd (Paris Ouest): Commentaire

14h00 – 16h30

Philipp Teichfischer (Magdeburg): German physicians as members of the Netherlands’ colonial health service in East India (1815–1880). A kind of “German colonial medicine” before 1884 ?

Claire Fredj (Paris Ouest): Les médecins de l’armée et le paludisme en Algérie (1830-début XXe s.)

Sílvio Marcus de Souza Correa (Universidade Federal de Santa Catarina, Florianópolis): Contre des ennemis invisibles. Médecine militaire et guerre coloniale dans le Sud-Ouest africain allemand (1904-1907)

Guillaume Lachenal (Paris Diderot): Commentaire

Contact (announcement)

Dr. Roberto Zaugg
Sciences Po
27 rue Saint-Guillaume
75007 Paris

roberto.zaugg@sciencespo.fr