Ausgangspunkt der Studie von Larry G. Gerber ist die häufig vertretene These, dass die USA beinahe idealtypisch für einen Laissez-faire-Staat mit einer nur geringen Interventionsdichte im Bereich der Wirtschaft stehen. Er verweist jedoch gleich eingangs darauf, dass es von dieser Regel bemerkenswerte Ausnahmen gebe. So habe der Staat im Bereich der Arbeitsbeziehungen im sekundären Sektor in Nordamerika phasenweise eine aktive und wichtige Rolle gespielt, vor allem während der Reformpolitik des New Deal in den 1930er-Jahren. Um besser erklären zu können, wieso es sektoral zu diesem vergleichsweise hohen Maß an Interventionismus kommen konnte, setzt Gerber seine Studie als systematischen Vergleich zur Industriepolitik Großbritanniens an: Denn dort, so seine Ausgangsthese, wäre in den 1930er-Jahren ein derartiges staatliches Handeln undenkbar gewesen. Warum vor dem Hintergrund einer jeweils eher antietatistischen Tradition die USA damals den Weg zu einem gewerkschaftsfreundlichen Staatsinterventionismus fanden, obwohl die Gesamttendenz während des 20. Jahrhunderts in die umgekehrte Richtung weist, stellt die Ausgangsfrage der Studie dar.
Gerbers These lautet, dass die Haupterklärung nicht auf kultureller oder ideengeschichtlicher Ebene liege, sondern sich aus der Struktur der amerikanischen Wirtschaft erkläre. Dort entstanden früh große und bürokratische Unternehmen, die mit ihrer Stärke die Organisation der Arbeitnehmer leicht zu beschränken wussten. Die kleineren und weniger schlagkräftigen britischen Unternehmen verfügten dagegen nie über diesen Einfluss. Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Wege in die Industrialisierung war es vor allem die Stärke und die konsequent unkooperative Haltung der Arbeitgeber, welche in den USA diejenigen, die auf eine Reform der Arbeitsbeziehungen hinzielten, allein im Staat eine Lösung sehen ließ. Zugleich konnte mit dem New Deal der bisherige Kurs nicht grundsätzlich verändert werden: Die Probleme der Arbeiterbewegung in den USA heute speisten sich demnach nicht so sehr aus der anhaltenden Beteiligung des Staates, als vielmehr aus dem Unvermögen, die gewerkschaftsfeindliche Haltung der Arbeitgeber zu überwinden.
Gerbers knappe Studie fußt kaum auf eigener Quellenarbeit, sondern zieht im Wesentlichen die vorhandene Literatur unter seiner Fragestellung zusammen. Der Autor unterlässt es, den Forschungsstand zum Thema systematisch aufzurollen und seine Fragestellung vor ihrem Hintergrund zu entwickeln. Vielmehr wird die Studie durch die Frage angetrieben, warum der während des New Deal versuchte Kurswechsel in den 1950er-Jahren versandete und nicht zu einer grundsätzlichen Umorientierung der USA führte. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die öffentlichen Debatten sowie die konkreten Verhandlungen im Dreieck zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Staat. Der Zugriff auf das Thema ist somit recht konventionell. Auch mit dem Hinweis darauf, dass man neben der Makroebene der gesamten Wirtschaftspolitik und des Bereichs der Industriebeziehungen auch die Mesoebene spezifischer Branchen sowie die Mikroebene einzelner Firmen berücksichtigen sollte, bietet das Werk nichts zuvor noch nie Dagewesenes.
Gerber setzt mit dem späten 19. Jahrhundert ein. Beide Länder zeichneten sich damals in dem Bereich durch ein hohes Maß von Ähnlichkeiten aus, vor allem durch einen weitgehend antietatistischen Grundkonsens bei der Regelung von Arbeitsbeziehungen. Im Durchlauf durch die Jahrzehnte bis in die 1920er-Jahre bietet die Studie aufgrund der systematisch komparativen Anlage immer wieder ganz interessante Einsichten. Vor allem arbeitet Gerber heraus, dass bis in die 1920er-Jahre alles darauf hindeutete, dass eher in Großbritannien der Staat eine wichtige Rolle bei der Regelung der Industriebeziehungen einnehmen würde. Dagegen hielt sich bis dahin der Staat in den USA zurück oder stützte das ohnehin schon eindeutig mächtigere Arbeitgeberlager. Vor diesem Hintergrund stellten der 1933 verabschiedete National Industrial Recovery Act (NIRA) sowie der National Labor Relations Act (NLRA) des Jahres 1935 einen deutlichen Kurswechsel in den USA dar. Gerber argumentiert überzeugend, dass die Tiefe der ökonomischen Krise und kontingente Faktoren, wie etwa die Haltung der jeweiligen politischen Elite, keine hinreichende Erklärung für diese Richtungsänderung bieten. Zugleich betont er etwa am NIRA weniger die berühmte “section 7a”, welche den Arbeitnehmern das Recht gab, sich überbetrieblich zu organisieren und durch ihre gewählten Vertreter mit den Arbeitgebern ohne Zwang und Beeinflussung zu verhandeln. Vielmehr hebt Gerber auf die für die Arbeitgeber interessante Passage des NIRA ab, wonach die Antitrust-Gesetze für alle teilnehmenden Industrien gelockert werden würden. Insofern erklärt sich die staaatsinterventionistische Politik der NIRA nicht zuletzt aus den ökonomischen Interessen der Arbeitgeber. Hinzu kam die Einsicht der Bundes-Administration, dass die Gewerkschaften aus eigener Kraft zu schwach waren, um mit den Arbeitgebern angemessen verhandeln zu können. Erst diese spezifische Konstellation erklärt demnach die Entstehung dieses industriepolitischen Neuanfangs in den USA in der Ära des New Deal. Ähnliche Interpretationen findet man aber etwa für die Geschichte des NIRA schon in den grundlegenden Arbeiten von Robert F. Himmelberg (1976) oder Donald R. Brand (1988) – so dass sich die Frage stellt, welche zusätzlichen Erkenntnisse der Vergleich hier ermöglicht.
Nach deren Scheitern brachte der NLRA, bekannter unter dem Namen Wagner Act, eine noch stärkere Rolle des Staates. Dass aber auch dieses interventionistische Experiment der 1930er-Jahre letztlich nicht erfolgreich war, erklärt Gerber daraus, dass die gesetzlichen Regelungen den Gewerkschaften zu wenige Mittel an die Hand gaben, um mit staatlicher Hilfe gegenüber den Arbeitgebern auf gleicher Augenhöhe als Verhandlungspartner auftreten zu können. Mit einem insgesamt weniger staatsinterventionistischen System gelang es dagegen Großbritannien, nach 1945 ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften herzustellen – und genau darin liegt für Gerber die Ironie staatlicher Intervention.
Insgesamt vermag Larry G. Gerbers Studie nicht voll zu überzeugen: Für den New Deal liefert sie wenig Neues. Ihn interessieren primär Langzeitentwicklungen, und so beschränkt sich die Darstellung in vielen Fragen auf Bekanntes. Zugleich erscheint Großbritannien lediglich als Hintergrundfolie, um den letztlich gescheiterten Anlauf der USA zur Stärkung der Gewerkschaftsrechte zu erklären. Ob sich dieser Aufwand angesichts des Ergebnisses gelohnt hat, ist fraglich.