Reichweiten der Verständigung. Nationalisierung und Europäisierung intellektueller Kommunikation im 20. Jahrhundert

Reichweiten der Verständigung. Nationalisierung und Europäisierung intellektueller Kommunikation im 20. Jahrhundert

Organizer
Dr. Matthias Schöning (Konstanz) und Stefan Seidendorf, M.A., M.A.E.S. (Mannheim), Projektgruppe: Europa und das historische Imaginäre der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und des Forschungszentrums für den wissenschaftlichen Nachwuchs, Universität Konstanz
Venue
Universität Konstanz, V 1001
Location
Konstanz
Country
Germany
From - Until
18.02.2005 - 19.02.2005
Website
By
Stefan Seidendorf

Die von Matthias Schöning (Konstanz) und Stefan Seidendorf (Mannheim) organisierte Konferenz ist Teil eines Forschungsprojekts, das an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften angesiedelt wird und durch diese finanziert wird. Unter dem Titel "Europa und das historische Imaginäre. Konstruktion von Vergangenheit als Raum des Politischen" untersuchen Literaturwissenschaftler, Historiker und Politikwissenschaftler epochenübergreifend den politischen Gebrauch von Vergangenheit in Europa.

Für das Teilgebiet der Gegenwart will die vom Forschungszentrum für den wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität Konstanz finanzierte Konferenz nach "Reichweiten der Verständigung. Nationalisierung und Europäisierung intellektueller Kommunikation im 20. Jahrhundert" fragen. Dabei gehen wir von folgenden Überlegungen aus:

Europa ist einerseits von einer eminenten politischen Realität, die weit in den Alltag der Bürger reicht. Andererseits ist jedoch höchst unklar, wie man Europäer kommunikativ adressiert und sich als solcher angesprochen fühlen kann, ebenso scheint das "Reden über Europa" vor allem durch das Motto der "Einheit in der Vielfalt" gekennzeichnet. Gesellschaftlich entwickelte und kollektiv akzeptierten Rahmenbedingungen einer übergreifenden, europäischen Gesellschaft fehlen weitgehend. Schaut man auf gängige Formen kommunikativer Selbstthematisierungen, die den nationalen Rahmen überschreiten, so scheint es näher liegend, gleich global und universal zu argumentieren, als einen europäischen Partikularismus zu pflegen. Allenfalls temporär, als Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Globalisierung zivilgesellschaftlicher Hoffnungen und Gegengewicht zur US-amerikanischen Hegemonie, scheint das Projekt Europa zu rechtfertigen zu sein. Nicht selten stehen diese Diskurse dann sehr schnell in der Nähe der nationalen Selbst-Verständigung des 19. Jahrhunderts.

Das Basisnarrativ gesellschaftlicher Selbstthematisierung scheint also noch immer dominant national, auch dort, wo es sich niemals so nennen würde und lieber unverfängliche Begriffe wie Regionen, Volkswirtschaften u.ä. ins Spiel bringt. Intellektuelle Europakonzepte dagegen erscheinen oft als nachgeordnetes Korrektiv, das gerne aufgegriffen wird, um mit kulturellen Mitteln die Vorgängigkeit nationaler oder bilateraler Interessen zu kaschieren.

Unsere Tagung will deshalb Nationalisierung und Europäisierung intellektueller Kommunikationen analysieren, und zwar synchron wie diachron: als gegenläufige Aspekte einer Epoche und als zwei Phasen der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Dabei ist die Konferenz auch eine interdisziplinäre Begegnung zwischen Literaturwissenschaft, Geschichtswissenschaft und Sozialwissenschaft. Es wird folglich auch darum gehen, das je fächerspezifische Reden über die Nation und über Europa zu konfrontieren und zu reflektieren.

Interessierte sind dazu herzlich eingeladen und können sich bei Fragen gerne an Matthias Schöning (Matthias.schoening@uni-konstanz.de) oder Stefan Seidendorf (stefan.seidendorf@mzes.uni-mannheim.de) wenden.

Programm

Freitag, 18. Februar 2005, Raum V 1001
10.00 Uhr: Begrüßung , Kurze Einleitung

1. Transformationen des Nationalismus

10.30 Uhr: Daniele Caramani (MZES Mannheim)
Konstitutionalisierungsprozesse im 19. Jahrhundert: Die Herausbildung nationaler Wählerschaften in Europa

11.30 Uhr: Matthias Schöning (Universität Konstanz)
Soldatischer Existenzialismus und technokratische Mobilmachung. Ernst Jüngers Stereoskopie des Nationalismus

12.30 - 14.00 Uhr Mittagspause

14.00 Uhr: Heiko Christians (Universität Potsdam)
Gattungspoetik und Gemeinschaftsbildung. Überlegungen zum Verhältnis von Politik und Literatur

2. Europäisierung im Zeichen des Nationalen

15.00 Uhr: Cornelia Blasberg (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Europa-Poesie und die Prosa der nationalen Verhältnisse. Zum heterotopischen Denken der deutschen Symbolisten um Stefan George

16.00 - 16.30 Uhr Kaffepause

16.30 Uhr: Rolf-Hagen Schulz-Forberg (EUI Florenz / Berlin)
Eine kulturhistorische Geschichtsschreibung der Idee Europas. Transnationale Kommunikation in der Zwischenkriegszeit

17.30 Uhr: Peter Hoeres (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Universalismus, Europäismus und Nationalismus in den Diskursen des Ersten Weltkriegs

Samstag, 19. Februar, Raum V 1001

3. Universalismus und Europäismus

9.00 Uhr: Ingo Stöckmann (Universität Konstanz)
Der Intellektuelle als Kosmopolit. Ernst Jüngers Weltbürgertum

10.00 Uhr Kaffeepause

10.30 Uhr: Ulrich Bielefeld (Hamburger Institut für Sozialforschung)
Schuld und Kollektiv

11.30: Volker Balli (EUI Florenz)
Eine europäische Selbst-Verständigung? Demokratie, Menschenrechte und Pluralismus

12.30 Uhr Stehimbiss

13.30 Uhr: Angelos Giannakopoulos (Konstanz/Yale)
Vom Diskurs der politischen Konditionalität zum Diskurs der kulturellen Kompatibilität: Konstruktionen europäischer Identität hinsichtlich eines EU-Beitritts der Türkei

4. Europäisierung nationaler Vergangenheiten?

14.30 Uhr: Heike Kämpf (TU Darmstadt)
Das ambivalente Erbe der philosophischen Hermeneutik: Zum produktiven Scheitern historischer Selbstvergewisserung europäischer Identität

15.30 Uhr Kaffepause

16.00 Uhr: Fabrice Larat (MZES Mannheim)
Die Präsenz der Geschichte im Konstitutionalisierungsprozeß der EU, oder: wie die europäische Integration durch Reinterpretation der Vergangenheit begründet wird

17.00 Uhr: Stefan Seidendorf (MZES Mannheim)
Verständigung gegen die Vergangenheit? Die Strategie der Europäisierung von Erinnerung in Frankreich und Deutschland

Contact (announcement)

Stefan Seidendorf
Mannheimer Zentrum für europäische Sozialforschung (MZES),
D-68131 Mannheim


Editors Information
Published on
20.01.2005
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Temporal Classification
Regional Classification
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Language(s) of event
German
Language of announcement