Positivismus.Macht.Aufklärung. Zur Politisierung der naturwissenschaftlichen Weltauffassung

Positivismus.Macht.Aufklärung. Zur Politisierung der naturwissenschaftlichen Weltauffassung

Organizer
Initiativkolleg „Naturwissenschaften im historischen Kontext“, Universität Wien; Kommission für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte, Österreichische Akademie der Wissenschaften
Venue
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien
Location
Wien
Country
Austria
From - Until
18.09.2009 - 19.09.2009
Deadline
15.03.2009
Website
By
Jan Surman, Visiting Fellow, Leibniz Graduate School for Cultures of Knowledge in Central European Transnational Contexts, Marburg

Der Positivismus wurde bislang sowohl in Gesamtdarstellungen als auch in Spezialstudien als erkenntnistheoretische Strömung behandelt, dabei jedoch in seiner politischen und sozio-kulturellen Bedeutung vielfach unterschätzt. Der Workshop setzt sich zum Ziel, den Positivismus als europäische und internationale Bewegung in ihren vielfältigen Erscheinungsformen zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft neu zu fassen. Dabei rücken drei Aspekte ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Erstens die Ungleichzeitigkeit in der Verbreitung positivistischer Ideen in Europa, zweitens die kontextbedingte politische Funktionalisierbarkeit der wissenschaftlichen Weltanschauung und schließlich drittens die über Landes- und Disziplinengrenzen hinaus bestehenden intensiven Verflechtungen zwischen ihren Vertretern. Der Workshop zielt somit weder auf eine systematische Erfassung der positivistischen Weltauffassung noch auf eine schlichte werkbezogene Interpretation wissenschaftlicher Arbeiten, sondern auf eine Kartografie der Orte des Positivismus an den Schnittstellen zwischen politischen, wissenschaftlichen und kulturellen Feldern.

Folgende Problemkonstellationen können den Rahmen bilden:
1. Welche lokalen/regionalen/nationalen Figurationen der positivistischen Strömung sind auszumachen? Dabei bietet sich ein Zugang über Intellectual History ebenso an wie eine Organisationsgeschichte positivistischen Denkens. Untersucht und diskutiert werden sollen lokale Appropriationsformen einer universalistischen Denkfigur für partikularistische Zwecke im Zeitalter der Nationalisierung; darüber hinaus sollen individuelle Akteure, Zirkel und Zentren vor dem Hintergrund der Vermittlung positivistischer Wissenschaftsideale auf gesellschaftliche und politische Problemlagen analysiert werden.

2. Kommt es im Zuge der lokalen Implementierung positivistischer Denkstile zu Auseinandersetzungen unter ihren Verfechtern, und wenn ja: zu welchen? Worin bestehen die Konfrontationslinien zwischen Positivismusbefürwortern und Gegnern, nicht zuletzt im Hinblick auf die mit ihm verbundenen politischen Ansprüche?

3. Welche Komplikationen ergeben sich aus der Phasenverschiebung bei der Aneignung positivistischer Ideen? Zu welchen Asymmetrien und Gefällen führte diese Asynchronizität sowohl innerhalb Europas als auch auf globaler Ebene? Welche Wechsel- und Rückwirkungen zwischen den Kontexten des Positivismus resultierten aus diesen Voraussetzungen?

4. Inwieweit lässt sich der Positivismus als „Krisenwissenschaft“ beschreiben, d.h. inwiefern wirkt er in Krisenzeiten – politisch wie auch wissenschaftlich – als integrativer Faktor? Am Beispiel der Habsburgermonarchie etwa lässt sich zeigen, dass der Positivismus im Versuch, die epistemologisch-politische Krisensituation von 1848 zu bewältigen, zunächst als Antipode gegen das aufklärerische Naturrecht gerade aus einer konservativ-katholischen Haltung heraus in Stellung gebracht wird. Andererseits wird der Positivismus ab den 1860er Jahren – in einer Zeit des wachsenden Antagonismus zwischen den Nationalitäten – insbesondere für liberale Intellektuelle als Alternative zur staatsnational verwerteten Herbart-Zimmermannschen Philosophie, als supranationale Integrationsformel, die Exklusionen zulässt, attraktiv.

5. Ist es zulässig, von einem Positivismus zu sprechen, oder wäre es nicht vielmehr angebracht, von einer Pluralität koexistierender, interagierender und sich in letzter Konsequenz vielleicht ausschließender Positivismen auszugehen?

Subventionen zur Ersetzung der Kosten für referierende Teilnehmer werden von den Organisatoren beantragt.
Der zeitliche Rahmen der Referate umfasst ca. 20 Minuten. Die Konferenzsprache ist English.
Referatsvorschläge (mit kurz-CV) sind bis zum 15. März 2009 an jan.surman@univie.ac.at zu senden.

Weitere Kontakte:
Bernhard Bolech: bernhard.bolech@univie.ac.at
Johannes Feichtinger: johannes.feichtinger@oeaw.ac.at
Franz Leander Fillafer: franzfillafer@gmail.com

Programm

Contact (announcement)

MMag. Jan Surman
Initiativkolleg "Naturwissenschaften im historischen Kontext"
Institut für Geschichte, Universität Wien
Rooseveltplatz 10/9
1090 Wien

Tel.: +43 (1) 4277-408 84
Fax: +43 (1) 4277 408 70

Email: jan.surman@univie.ac.at


Editors Information
Published on
05.02.2009
Author(s)
Contributor
Classification
Temporal Classification
Regional Classification
Subject - Topic
Additional Informations
Country Event
Language(s) of event
German
Language of announcement