(Anti-)Kolonialismus auf der Leinwand

(Anti-)Kolonialismus auf der Leinwand

Organizer
Prof. Dr. Dirk van Laak / Jürgen Dinkel M.A., Historisches Institut, JLU Gießen
Venue
Location
Gießen
Country
Germany
From - Until
05.12.2013 - 06.12.2013
Deadline
05.07.2013
Website
By
Jürgen Dinkel, Historisches Seminar, Universität Leipzig

Die sukzessive und oft gewaltsame Auflösung der globalen Kolonialreiche zählt zu den folgenschwersten Prozessen der jüngeren Geschichte. In der Kernphase der „dritten Welle“ der Dekolonisierung, beginnend mit der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 und endend mit dem Rückzug Portugals aus seinen afrikanischen Kolonien im Jahr 1975, entstanden weltweit über einhundert neue Staaten. Auf dem afrikanischen Kontinent erreichte die Dekolonisierung ihren Höhepunkt im sogenannten „Afrikajahr“ 1960, in dem 17 Kolonien ihre Unabhängigkeit erhielten. Damit veränderten sich auf der einen Seite radikal die Lebenswelten von Millionen Menschen, die sich in neu gegründeten (National-)Staaten wiederfanden, deren Grenzen von den Kolonialmächten mit dem Lineal und oftmals willkürlich gezogen worden waren. Auf der anderen Seite mussten auch die Gesellschaften der ehemaligen Kolonialmächte ihr Selbstverständnis und ihre Stellung in der Welt neu austarieren. Sie mussten den „Verlust“ der Kolonien deuten und mit Sinn versehen, die oftmals blutigen Kolonialkriege beispielsweise in Indochina, Kenia oder Algerien sowie deren Folgen verarbeiten und Rückkehrer aus den Kolonien integrieren, was oftmals umfangreiche Debatten über das Selbstverständnis und die Identität der jeweiligen Nation nach sich zog. Die Dekolonisierung war in den 1960er Jahren politisch und gesellschaftlich ein hoch aktuelles Thema, das vermittelt und gedeutet werden musste und das entsprechend intensiv diskutiert wurde.

Zugleich fallen dieser politische Großprozess und die damit einhergehenden Debatten über das Selbstverständnis der postimperialen und postkolonialen Gesellschaften mit einem Wandel der Mediensysteme zusammen. Zum einen führten die Dekolonisierungsdebatten selbst zu Veränderungen des Mediensystems, indem einzelne Vertreter begannen, die „Dekolonisierung“ der Medien zu fordern respektive den Beitrag der Medien zur Dekolonisierung zu diskutieren und dabei neue Themen und Darstellungsformate ins Zentrum ihres Schaffens rückten (z.B. Third Cinema). Zum anderen etablierte sich in den 1960er Jahren das Fernsehen als Informations- und Unterhaltungsmedium in Konkurrenz zum Kino. Als Reaktion auf die Erstausstrahlung von "Heia Safari" kam es beispielsweise zur Ausstrahlung einer der ersten „Talkshows“ im öffentlichen Fernsehen, mit Experten und einem mitdiskutierenden Publikum, wodurch sich neue Formen der Erzählung und der Darstellung des Dekolonisierungsthemas ergaben.

Ziel des Workshops (Anti-)Kolonialismus auf der Leinwand ist es, Ansätze und Ergebnisse der Dekolonisierungsforschung mit denen der Mediengeschichte zusammenzubringen. Auf der Konferenz soll diskutiert werden, wie zeitgenössische Filme (v.a. der 1960er Jahre) den Prozess der Dekolonisierung thematisierten und darstellten, was in den einzelnen Mediensystemen in diesen Jahren zeig- und sagbar war und welches Skandalpotential das Kino beziehungsweise das Fernsehen bargen. Einzelne Filme sollen daraufhin befragt werden, inwieweit sie mit ihrer Ästhetik und ihren Aussagen in den politischen Diskurs und/oder die Erinnerungs- und Geschichtspolitik der europäischen Staaten und Gesellschaften eingriffen, welche die Auflösung der Kolonialreiche begleiteten. Speziell soll das Augenmerk darauf gerichtet werden, wie sie auf die europäische Kolonialherrschaft zurückblicken und antikoloniale Unabhängigkeits¬bewegungen bewerten, den Verlauf der Dekolonisation erklären, die oftmals komplexen und extrem gewaltsamen Ereignisse und Entwicklungen der Dekolonisation narrativ strukturieren und inwiefern sie auf koloniale Kontinuitäten in der postkolonialen Weltordnung Bezug nehmen. Des Weiteren soll nach den Filmproduzenten, nach den filmischen Traditionen, nach dem Publikum und der Rezeption der jeweiligen Filme gefragt werden, die nicht selten große Skandale und umfangreiche gesellschaftliche Debatten auslösten. Schließlich interessiert aus einer diachronen Perspektive, ob sich in den 1960er Jahren bestimmte „Ikonen“, Ereignisse, Personen oder Narrative der Dekolonisierung etablierten, auf die bei diesem Thema immer wieder zurückgegriffen wird und die möglicherweise bis in die Gegenwart unsere Sichtweisen auf das Ende der Kolonialherrschaft bestimmen.

Die Dauer der Vorträge soll 30 Minuten nicht überschreiten.

Für Referenten werden die Übernachtungskosten und die Reisekosten übernommen.

Abstracts im Umfang von 400 Worten und eine Kurzbiographie werden bis zum 5. Juli 2013 per Email erbeten an: juergen.dinkel@gcsc.uni-giessen.de

Programm

Contact (announcement)

Jürgen Dinkel

Otto-Behaghel-Str. 10, D-35394 Gießen, Haus C Raum 238

juergen.dinkel@gcsc.uni-giessen.de


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Published on
03.06.2013
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Language(s) of event
German
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