Akteure in der Wissensgeschichte. Produktion, Zirkulation und Transformation von Afrikawissen nach 1945

Akteure in der Wissensgeschichte. Produktion, Zirkulation und Transformation von Afrikawissen nach 1945

Veranstalter
Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung
Veranstaltungsort
Georg-Eckert-Institut, Celler Str. 3, 38114 Braunschweig
Ort
Braunschweig
Land
Deutschland
Vom - Bis
18.06.2015 - 19.06.2015
Von
Lars Müller

Die Frage nach Ursachen und Modi der Transformation gesellschaftlicher Wissensbestände ist ohne eine vertiefende Beschäftigung mit jenen Akteuren, die aus unterschiedlichen Interessenlagen und Diskursfeldern heraus Wissen produziert, kulturell übersetzt oder in Frage gestellt haben, kaum zu beantworten. Dies wird im Rahmen der Dekolonisation des afrikanischen Kontinents nach dem Zweiten Weltkrieg besonders deutlich. Das gesellschaftliche Bedürfnis nach Wissen über Afrika stieg in diesem Zeitraum rapide an; neben Akteuren, die schon im Kolonialsystem an der Produktion und Zirkulation von Afrikawissen beteiligt waren, traten neue Akteure auf den Plan. Die Wissensproduktion musste in die veränderte weltpolitische Lage eingebunden werden. In diesem Zusammenhang bekam vor allem die Frage, welche Rolle Afrikaner bei der Produktion afrikabezogenen Wissens spielten, eine neue Aktualität.
Im Rahmen des Workshops wird exemplarisch für vier Felder nach Akteuren des Afrikawissens gefragt. So wird die Wissensproduktion im Bereich der Literatur, der Entwicklungspolitik, im Film und in den Wissenschaften in den Fokus genommen. Übergreifend wird dabei diskutiert, welche Gruppen und ggf. Individuen sich an der Produktion und Zirkulation von Afrikawissen beteiligt haben und welche Aspekte von ihnen jeweils aufgegriffen wurden. Hierbei spielen auch Fragen der Abgrenzung von Experten und Laien sowie die Autorität bestimmter Akteursgruppen und Medien eine Rolle. Gefragt wird, welche Strategien eingesetzt wurden, um Wissensbestände zu (de)legitimieren. Ebenso wird gefragt, inwieweit im Zuge der Dekolonisation, aber auch des Kalten Krieges, bestehende Wissensbestände über Afrika herausgefordert wurden: Wer hat in welcher Form „neues“ Wissen produziert, vorhandene Wissensbestände neu bewertet oder Elemente kolonialen Wissens fortgeschrieben?
Ausgerichtet wird der Workshop im Rahmen des DFG‐Projektes „Afrikawissen. Diskurse und Praktiken der Schulbuchentwicklung in Deutschland und England 1945‐1995“ am Georg‐Eckert‐Institut—Leibniz‐Institut für internationale Schulbuchforschung. Das GEI betreibt Schulbuch‐ und Bildungsmedienforschung mit einem kulturwissenschaftlich‐historischen Schwerpunkt und beschäftigt sich in diesem Rahmen vor allem mit der Produktion, Vermittlung und Verhandlung von Wissensbeständen im schulischen Kontext.
Bei Interesse zur Teilnahme am Workshop bitten wir um eine kurze Mitteilung an: lmueller@gei.de

Programm

Donnerstag, 18.06.2015

14:30-15:00
Begrüßung, Simone Lässig/Lars Müller (Braunschweig)

15:00-16:30
Panel I: Afrikawissen in der Literatur
Kommentatorin: Monika Albrecht (Vechta)
Moderation: Lars Müller (Braunschweig)
Marcus Otto (Braunschweig): „Un monde culturel en plein devenir“ - Dekolonisierung, Négritude und die Konstitution ‚afrikanischen Wissens‘ in französischen Schulbüchern der 1960er
Ninja Steinbach-Hüther (Leipzig): Wissen aus Afrika in deutschen Verlagen seit den 1960er Jahren. Resultate in Zahlen – und entgegen der Einbahnstraße?

17:00-18:30
Keynote Daniel Speich-Chassé (Luzern)
Globale Ungleichheit als Thema der Wissensgeschichte

19:00
Gemeinsames Abendessen

Freitag, 19.06.2015

9:00-10:30
Panel II: Afrikawissen und Entwicklungspolitik
Kommentator: Hubertus Büschel (Gießen)
Moderation: Simone Lässig (Braunschweig)
Samuel Misteli (Luzern): „What, now, have Africans themselves to say about their own economic development?“ Das „Institut de développement économique et de planification économique“ (IDEP) in Dakar im Dekolonisationskontext (1963-1968)
Lars Müller (Braunschweig): „Wir wollten kritisch sein, wir wollten gegen den Mainstream schreiben!“ Schulbuchautoren, BMZ und Entwicklungshelfer als Produzenten von relevantem Afrikawissen

10:45-12:15
Panel III: Afrikawissen im Film
Kommentatorin: Ute Schneider (Duisburg-Essen)
Moderation: Imke Rath (Braunschweig)
Anne Bruch (Braunschweig): Spotlight on the Colonies. Koloniale Informationsfilme in Großbritannien nach 1945
Felix Rauh (Luzern): „Ein schöner, ein reicher, ein wahrer Film!“ Zur Produktion und Verbreitung von Afrikawissen im deutschsprachigen Dokumentarfilm (1960-1980)

12:15-13:45
Gemeinsames Mittagessen

13:45-15:30
Panel IV: Afrikawissen in den Wissenschaften
Kommentator: Andreas Eckert (Berlin)
Moderation: Andreas Weiß (Braunschweig)
Steffi Marung (Leipzig): Akademische Kampfzone. Sowjetische Afrikanisten und die internationalen Afrikanistenkongresse 1962-1973
Stefan Esselborn (München): Afrikanisierung der Afrikaforschung oder (neo-)koloniale Kontinuität? Internationale Strukturen der afrikanischen Wissensproduktion zwischen 1945 und 1975 am Beispiel des International African Institute (IAI)
Louise Schellenberg (Halle): Neue gesellschaftliche Verknüpfung nach 1960. Einflüsse afrikanischer Germanisten auf die Wissensproduktion in Deutschland

15:30-16:00
Kaffee

16:00-16:30
Abschlussdiskussion

Kontakt

Lars Müller, M.A.
Georg-Eckert-Institut — Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung
Celler Str. 3
38114 Braunschweig
Tel. +49 (0)531 59099-290
lmueller@gei.de

http://www.gei.de