J. Edmond u.a. (Hrsg.): Recentring Asia

Titel
Recentring Asia. Histories, Encounters, Identities


Herausgeber
Edmond, Jacob; Johnson, Henry; Leckie, Jacqueline
Erschienen
Anzahl Seiten
339 S.
Preis
€ 80,00
Rezensiert für 'Connections' und H-Soz-Kult von:
Ursula Rao, Universität Leipzig

Recentering Asia ist eine lose Sammlung von Artikeln zur asiatischen Geschichte und Gegenwart. Das Buch enthält detaillierte Beschreibungen spezifischer Wandlungsdynamiken in ausgewählten asiatischen Ländern sowie Analysen interkultureller Begegnungen im asiatisch-pazifischen Raum. Hauptziel ist die Refokussierung der Forschung auf sozio-kulturelle Entwicklungen in einem strategisch immer wichtiger werdenden Teil der Erde, als Ergänzung zu dominanten geopolitischen und ökonomischen Perspektiven. Entsprechend wurden Beiträge von Historikern, Literaturwissenschaftlern, Vertretern der Cultural Studies und Ethnologen aufgenommen. Das Buch vertritt eine spezifisch „südliche“ Perspektive auf Asien. In einer Zeit, in der Asien für Australien und Neuseeland immer wichtiger wird, besteht ein Bedarf nach Wissen über die vielfältigen Verflechtungen, die zwischen Ostasien, Südostasien und dem Pazifik bestehen. Das Buch vermittelt Einblicke in die komplexe und verwobene Geschichte transnationaler Beziehungen im asiatisch-pazifischen Raum.

Das Versprechen, Asien aus einer neuen dezentrierten Perspektive zur Ansicht zu bringen, löste das Buch vor allem durch die Wahl ungewöhnlicher Themen ein. Im ersten Teil „Orte und Geschichte“ steht die Forderung nach Analysen der Beziehungen zwischen Ländern und Nationen im Vordergrund, wie zum Beispiel zwischen Japan, China und den zwei Koreas, oder auch die Bedeutung der verschiedenen indischen Diasporas, auch außerhalb Fidschis. Besonders beeindruckt in dieser Sektion der Artikel der Historikerin Barbara Watson Andaya über die zweitausendjährige Geschichte der Piraterie in der Straße von Malakka. Die Autorin analysiert die Rolle malaysischer Herrscher für die Entwicklung und Stabilisierung von Piratenkulturen. Ihre Politik der Patronage und Besteuerung förderte bestimmte Piratenfamilien, kontrollierte sie zugleich und regulierte die Ausbeutung von Schiffen, um das räuberische Gewerbe profitabel zu erhalten. Aufgrund der sich rasant verändernden Machtverhältnisse in der Region und den wachsenden europäischen Interessen begann ab dem 18. Jahrhundert ein Transformationsprozess, der die beschriebene lokale Form des legitimierten Piratentums durch die organ laut verdrängte.

Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich mit kreativer Reibung, die sich aus der Erfahrung von Fremdheit und Begegnung als Folge von Migration ergibt. Der Literaturwissenschaftler Jacob Edmond analysiert Gedichte des chinesischen Dichters Yang Lian, die in seiner Zeit des Driftens im Exilland Neu Seeland entstanden sind. Die Gedichte vermitteln die biographische Erfahrung von Raumlosigkeit und verorten Kunst im Spannungsfeld zwischen Lokalität und Globalität. Der marginale Ort Neuseeland inspiriert global relevante Sichtweisen auf Spannungen, Brüche und Verbindungen trans-kultureller Existenz. Die anderen vier Artikel in diesem Teil nehmen sozialwissenschaftliche Themen auf. Hasegawa Eiko beschreibt Shanghai als Kontaktzone zwischen Japan und China, zwei Nationen die in der Regel nur als Konkurrenten oder Feinde wahrgenommen werden. Mit Nostalgie und Fremdheit setzen sich zwei Studien zu Japan und eine zu Indien auseinander. Der Literaturwissenschaftler Roman Rosenbaum thematisiert anhand der sich verändernden Bedeutung des Wortes kimin (verlassenes Volk) vielfältigen Erfahrungen von Heimatlosigkeit. Im heutigen Japan gelten nicht mehr nur Exiljapaner als verlassen, sondern auch im Lande marginalisierte oder heimatlos gewordene Gruppen. Daran anschließend untersucht Anami Akiko die Frage, ob NGOs ihre traditionelle Rolle als Wohlfahrtsinstitutionen überwinden und zu effektiven Vorkämpfern für soziale Rechte werden können.

Der dritte und letzte Teil des Buchest thematisiert Brüche im Kontext von Migration und in internationalen Kontaktzonen. Leith Morton diskutiert Tanka Gedichte, in denen japanische Soldaten ihre Erfahrungen im Weltkrieg kommunizierten. Sie schaffen der offiziellen Kriegspropaganda entgegenlaufende Erzählungen vom Leiden und Mitleiden im Angesicht erschütternder menschlicher Schicksale. Elise Foxworth beschreibt den Kampf ums Überleben nach den Grauentaten des Cheju Massaker im koreanisch-koreanischen Krieg anhand der Analyse eines Romans des Exilkoreaners Kim Sok Pom. Mit der Figur des Geistes schafft der Autor ein Gefühl für die Verbindung zwischen Lebenden und Toten. Der Geist wird zum Symbol für Kontinuität und Stärke. Im Gegensatz zu diesen dunklen Themen geht es in den Arbeiten von Miyahira Katsuyuku, Peter Petruuci und Henry Jonson um die Identitätssuche von Diaspora-Japanern, die sich durch Sprache und Musik kulturell an ihr Heimatland rückbinden.

Das Buch sensibilisiert für die Vielfalt der Identitätspositionen in einer mobilen Welt. Es beinhaltet eine Reihe interessanter Einzelstudien, die bisher wenig diskutierte Fallbeispiele aufarbeiten. Der konzeptionelle Beitrag ist eher gering. Die Vielfalt der Perspektiven ermöglicht den Herausgebern kaum eine sinnvolle Engführung des Themas. Die Zusammenführung von Beiträgen aus verschiedenen Disziplinen bereichert zwar die Diskussion, ohne Überleitungen stehen die verschiedenen Perspektiven aber unverbunden nebeneinander. Hier wurde eine gute Gelegenheit, Interdisziplinarität fruchtbar zu machen, verpasst.

Das Buch ist dabei jedoch eine gut lesbare Zusammenstellung vieler interessanter Perspektiven zum Thema Leiden und Kreativität im Angesicht von Migration und Kulturkontakt in Asien und dem Pazifik.

Redaktion
Veröffentlicht am
25.10.2013
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Diese Rezension entstand im Rahmen des Fachforums 'Connections'. http://www.connections.clio-online.net/
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